Lange galten die Alpen als heile Welt mit glücklichen Kühen und zufriedenen Bergbauern. Natürlich, dieses Bild ist längst überholt. Auch die Wanderer in kariertem Hemd und Kniebundhose sind rar geworden. Heute sind die Alpen die größte Spielwiese Europas, Tummelplatz für Snowboarder, Mountainbiker, Riverrafter, Paraglider und dergleichen mehr. Nicht mehr so sehr das Naturerlebnis beim Wandern steht im Vordergrund, die alpine Landschaft wurde zur Sportarena umfunktioniert.
Die großen Tourismuszentren überbieten sich dabei beim Kundenfang und locken mit Megaevents. Der moderne Aktiv- und Funurlaub schlägt sich in der alpine Landschaft nieder: In Form überdimensionierter Hotelkomplexe, ausufernder Feriensiedlungen, Straßengewirr, Parkplätzen und Skianlagen, die als bauliche Fremdkörper das Landschaftsbild zerstören. Doch während einige Zentren boomen, verzeichnen besonders kleine Alpengemeinden einen dramatischen Bevölkerungsrückgang – unter Aufgabe der traditionellen Landwirtschaft.
Wie kam es zu dieser Entwicklung? Noch bis Mitte des 18. Jahrhunderts galten die Alpen als „montes horribles“, deren mächtige Berggipfel den Menschen aus dem Flachland gehörig Furcht einflössten. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wandelte sich das Bild der Alpen, denn „Schöngeister“ wie Schriftsteller und Maler entdeckten sie zunehmend als Objekt ihrer Romane und Bilder. Die Hochgebirgslandschaft wurde plötzlich als schön empfunden und die „Belle-Epoque“ des Alpentourismus begann. Zunächst wurden die Felsgipfel zwar noch aus sicherer Distanz genossen, aber mit der Zeit drangen mutige Bergsteiger immer weiter vor.
Der Berg rief und Millionen kamen. Die „Belle-Epoque“ des frühen 20. Jahrhunderts leitete den Massentourismus ein. 1938 zog es jährlich bereits zehn Millionen Urlauber – überwiegend Sommerfrischler – in die Alpen. Ab 1965 ersetzen Seilbahnen und Lifte zunehmend das Skibergsteigen – die Geburtstunde des Wintermassentourismus. Heute sind die Alpen mit jährlich über 100 Millionen Urlaubern die bedeutendste Fremdenverkehrsregion Europas geworden.
Stand: 23.03.2002