Das Szenario kennen wir alle aus einschlägigen Hollywood-Filmen: Ein großer Asteroid rast auf die Erde zu und ist schon so nah, dass nur noch eine Zerstörung oder drastische Ablenkung den Planeten retten kann. Jetzt kommen eine große Atombombe und wackere Helden ins Spiel, die unter Einsatz ihres Lebens den Asteroiden sprengen und so die Katastrophe in letzter Sekunde verhindern.
Aber wie realistisch ist so ein Szenario à la „Armageddon“ oder „Deep Impact“? Fakt ist: Um Bruce Willis und seine tapferen Kumpane zu einem Asteroiden zu schicken, fehlt uns sowohl das Geld als auch die Technik. Raketen und Raumkapseln für bemannte Flüge über den Erdorbit hinaus sind gerade erst in der Entwicklung, startbereit wäre im Ernstfall keine einzige.
Cruise-Missiles gegen kosmische Boliden?
Im Ernstfall wäre die Methode der Wahl daher eher eine unbemannte Sonde, die mit einer atomaren Sprengladung an Bord dem Asteroiden entgegenfliegt. Ziel wäre es, den Boliden entweder zu zerstören oder aber ihn mit Gewalt aus seinem Kurs Richtung Erde zu drängen. Tatsächlich gilt diese rabiate Methode unter Experten bisher als die einzige, die nach dem jetzigen Stand der Technik genügend Energie pro Masse freisetzen kann, um den gewünschten Effekt auch bei einem größeren Asteroiden oder wenig verbleibender Zeit zu erzielen.
Tatsächlich soll Russland planen, einige seiner Interkontinentalraketen für genau diesen Zweck umzurüsten, wie die russische Nachrichtenagentur TASS vor kurzem berichtete. Der Vorteil dieser Strategie: Im Gegensatz zu normalen Trägerraketen, die Wochen und länger für die Vorbereitung eines Starts benötigen, sind Atomraketen dank ihres Feststoffantriebs in wenigen Stunden einsetzbar.
„Die Sprengwirkung verpufft“
Folgt man der Logik Hollywoods, scheint die Sprengung des heranrasenden Brockens die sicherste Lösung. Übrig blieben dann nur ein paar harmlos in der Atmosphäre verglühende Meteore. Doch die Realität sähe anders aus: „In der Praxis ist es sehr schwer, einen großen Felsbrocken zu zerstören“, erklärt Asteroidenforscher Alan Harris vom DLR. So muss man zuvor unbedingt wissen, welche Konsistenz der Asteroid hat. „Man hat Kometenkerne, lose Gesteinstrümmer, aber auch Stücke massiven Eisens“, erklärt Donald Yeomans vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA.
Ist der Asteroid weich oder porös, absorbiert er einen Großteil der Explosionsenergie und die Wirkung verpufft. Im Extremfall richtet eine Atombombe dann gar keinen größeren Schäden an oder – noch schlimmer – zersprengt den Brocken in wenige große Fragmente. Das jedoch hätte fast ebenso verheerende Folgen wie der Einschlag des ursprünglichen Asteroiden.
Zu schnell für den Zünder?
Um einen größeren Asteroiden so gründlich zu zerstören, dass nur harmlose Trümmer übrig bleiben, muss die nukleare Sprengladung stark genug sein und zudem noch extrem genau platziert. Am besten dringt sie direkt in den Asteroiden ein und sprengt ihn von innen auseinander. Dafür jedoch benötigt man Raketen, die genügend Aufprallwucht erzeugen, und eine automatische Navigation, die die Sprengladung trotz Rotation des Asteroiden an genau die richtige Stelle lenkt.
Als Forscher der NASA Szenarien mit „interplanetaren“ Atomraketen durchspielten, stießen sie auf ein weiteres Problem: Um einen nahe herangekommenen Asteroiden rechtzeitig zu erreichen, müsste eine Rakete so schnell fliegen, dass sie mit einem Tempo von bis zu 30 Kilometern pro Sekunde einschlägt. Doch wie Brent Barbee vom Goddard Space Flight Center feststellte, würde bei einem so heftigen Aufprall der Zünder der Atombombe unweigerlich zerstört – die Mission wäre gescheitert.
Es gäbe aber eine Lösung: Eine Kombination aus Rammbock und Bombe. Barbee und seine Kollegen haben dafür eine zweiteilige Raumsonde designt, deren Kopf aus einem kinetischen Impaktor besteht. Dieser trifft mit voller Wucht auf den Asteroiden, schlägt einen tiefen Krater und absorbiert den größten Teil der Aufprallenergie. Die Atombombe detoniert dagegen knapp über dem Kratergrund. Allerdings: Auch diese Abwehrmethode existiert bisher nur auf dem Papier.
Nadja Podbregar
Stand: 09.12.2016