Die Reste metamorpher und plutonischer Gesteine aus alten Subduktionszonen markieren Nahtzonen (Suturen), an denen größere und kleinere Kontinentalschollen zusammengestoßen sind. Dabei sind Gebirgsstränge entstanden, die man nach den Regionen benannt hat, in denen die typischen Gesteine heute zu finden sind. Auch für die ursprünglichen Kontinentalschollen hat man entsprechende Namen geprägt.
Die „rheno-hercynische“ Faltenzone (Ardennen – Rheinisches Schiefergebirge – Harz) wurde gefaltet, als eine schmale Platte namens „Avalonia“ mit einer „armorikanischen“ Inselgruppe zusammenstieß. Der trennende Ozean wurde nach Südosten subduziert. Die „Mitteldeutsche Kristallinzone“ (Odenwald, Spessart, Thüringer Wald, Kyffhäuser) besteht zu einem großen Teil aus plutonischen Gesteinen, die über dieser Subduktionszone entstanden sind. Der Frankenstein im Odenwald ist die erstarrte Schmelzkammer eines Vulkans vom Anden-Typ.
Eine weitere Deformationszone läßt sich von den Nordvogesen über den Nordschwarzwald bis nach Thüringen und Sachsen verfolgen („saxo-thuringischer“ Gebirgsstrang). Hier sind zwei Inseln des armorikanischen Archipels kollidiert: „Saxo-Thuringia“ und „Bohemia“. Auch hier ist der trennende Meeresarm nach Südosten subduziert worden. Metamorphe Gesteine aus der Subduktionszone sind über das heutige Fichtelgebirge und Erzgebirge hinweg nach NW verfrachtet worden, und dort noch in kleinen, inselartigen Resten erhalten.
Eine dritte Nahtzone liegt südöstlich außerhalb des Blockbildes: hier ist „Bohemia“ mit dem Großkontinent Gondwana zusammengestoßen und hat ihn nach Südosten überfahren. Die resultierende „moldanubische“ Knautschzone läßt sich vom österreichischen Waldviertel über Südschwarzwald und Südvogesen bis in das französische Zentralmassiv verfolgen.
Die genaue Lage und die Entwicklungsgeschichte solcher Plattengrenzen (Suturen) sind schwierig zu ermitteln. In diesen Nahtzonen sind die Gesteine durch Metamorphose und Schmelz-Durchtränkung völlig verändert. Faltung und Überschiebung haben auch die ursprünglichen Proportionen verändert: Mitteleuropa ist während der „Massenkarambolage“ vor 380 bis 300 Millionen Jahren in Nord/Süd-Richtung um mindestens 500 km kürzer geworden (die Breite der verschwundenen Ozeane ist dabei gar nicht eingerechnet).
Außerdem haben auch weite Verschiebungen entlang der Suturen stattgefunden. Schließlich sind im letzten Stadium der Kollision die Suturen auch noch bogenförmig eingekrümmt worden: Einer dieser Bögen läßt sich noch heute vom Südwesten Englands bis nach Südportugal verfolgen, ein anderer verbindet das Steinkohlebecken des Ruhrgebiets mit dem von Oberschlesien. Ähnliche Bogenstrukturen finden sich auch in den viel jüngeren Faltegebirgen der Alpen und Karpathen.
Stand: 13.04.2002