Welcher Schaden könnte in Deutschland aber überhaupt entstehen, wenn Russland – ob aus technischen oder politischen Gründen – sich als nicht mehr verlässlicher Energielieferant erweisen sollte?
Laut der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen ist der Primärenergieverbrauch, also die gesamte aus natürlichen Rohstoffen gewonnene und genutzte Energie, in Deutschland zwischen 2000 und 2008 geringfügig gesunken, von 490 auf rund 480 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten. Das entspricht einem Energieverbrauch von etwa 3,9 Billiarden Kilowattstunden im Jahr 2008.
Erzeugt wird die Energie aus einem Mix fossiler und erneuerbarer Energieträger, der seit etwa 15 Jahren mehr oder weniger konstant ist. Den Hauptanteil machen die klassischen Energieträger aus: Mineralöle 34,7 Prozent, Braun- und Steinkohle zusammen 24,2 Prozent und Erdgas 22,1 Prozent. Kernenergie ist zu 11,6 Prozent am Gesamtenergieverbrauch beteiligt, die erneuerbaren Energien machen 7,4 Prozent aus.
Deutschland ist importabhängig
Dennoch – als nicht sonderlich gut mit Energierohstoffen ausgestattetes Land muss Deutschland einen Großteil seiner Rohstoffe importieren. Laut dem Bericht der Bundesregierung zur Öl- und Gasmarktstrategie vom November 2008 ist Deutschland bei seinem Gasbedarf zu 84 Prozent, bei Öl sogar zu 97 Prozent von Importen abhängig. Öl und Gas machen zusammen immerhin mehr als die Hälfte des Energiebedarfs in Deutschland aus.
Aus eigenen Lagerstätten kann Deutschland aber nur einen geringen Bruchteil des Eigenbedarfs decken, und die deutsche Erdöl- und Erdgasförderung nimmt von Jahr zu Jahr ab. Die Bundesregierung schätzt, dass die deutschen Ölreserven aus heutiger Sicht noch zehn bis elf Jahre reichen. Russische Öl- und Gasimporte machen einen bedeutenden Teil der deutschen Energieversorgung aus. Doch neben Russland spielt auch eine ganze Reihe anderer Länder eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung Deutschlands.
… bei Gas …
Den Bedarf an Erdgas – im Jahre 2006 waren es etwa 103 Milliarden Kubikmeter – deckt Deutschland zu etwa einem Drittel aus russischen Importen, 26 Prozent kommen aus Norwegen, 18 Prozent aus den Niederlanden, 15 Prozent aus deutschen Quellen, vor allem im Norden der Bundesrepublik. Vier Prozent stammen aus Dänemark, Großbritannien und anderen Ländern.
… und Öl
Beim Erdöl, dessen Markt viel stärker diversifiziert ist, hat Deutschland noch weitaus mehr Lieferpartner. Russland liefert 30 Prozent des deutschen Erdölbedarfs von jährlich etwa 110. Millionen Tonnen, Norwegen 15 Prozent, Großbritannien zwölf Prozent, Libyen zehn, Kasachstan sieben. Jeweils etwa zwei Prozent kommen aus Aserbaidschan, Algerien, Saudi-Arabien, Syrien, Venezuela und Nigeria. Etwa drei Prozent trägt die deutsche Eigenproduktion zum Ölbedarf bei.
Das heißt, wenn auch nicht im selben Umfang wie Russland, so haben doch Norwegen, Großbritannien, die Niederlande oder auch nordafrikanische Länder einen nicht unerheblichen Einfluss auf die deutsche Energieversorgung.
Nicht-russische Lieferanten steigern Export
Und deren Anteil an der europäischen und damit auch der deutschen Energieversorgung wird, wie die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem World Energy Outlook 2008 prognostiziert, in Zukunft weiter steigen, der Anteil Russlands dagegen abnehmen.
Nach dem Szenario der IEA wird der Anteil der GUS, vor allem Russland, an den Gasimporten der europäischen OECD-Staaten (EU-Staaten, Türkei und Norwegen) von 58 Prozent im Jahre 2006 auf 32 Prozent im Jahre 2030 zurückgehen. Im selben Zeitraum sollen die Import aus Afrika von derzeit 37 Prozent auf 54 Prozent steigen.
Auch die Ölimporte in die OECD-Länder werden zunehmen, von 1,66 Millionen Tonnen Rohöleinheiten (Mtoe) im Jahr 2004 auf 2,44 Mtoe im Jahr 2030. Vor allem Afrika und die Länder im Mittleren Osten werden ihren Export nach Europa steigern.
Stand: 20.03.2009