{1r}
Kommt ein Kind auf die Welt, bestaunen wir seine Perfektion: Augen, Hände, Füße – alle Körperteile sind mit schier unglaublicher Präzision angelegt und in Miniatur ausgearbeitet. Und mag es auch noch viele Jahre des Wachsens, Reifens und des Lernens dauern, bis aus einem Baby ein Erwachsener wird, so steht doch der Grundbauplan jedes Menschen bereits bei Geburt fest: oben ein Kopf, dann ein Rumpf mit zwei seitlichen Armen und unten zwei Beine.
Wichtige Alleskönner
Was auch immer der Einzelne im Laufe des Lebens aus seinen Gliedmaßen und Organen machen mag, selten ändert sich Zahl oder Position derselben. Entwicklungsbiologen bezeichnen dies als embryonalen Entwicklungsmodus, da der Hauptteil der Entwicklung beim Menschen und auch bei den meisten Tieren bereits während der Embryogenese – also vor der Geburt des Individuums – abgeschlossen ist.
Die zeitlich eng auf die Embryogenese begrenzte Entwicklung geht einher mit einem ebenso auf die Embryogenese begrenzten Auftreten von „echten“ pluripotenten embryonalen Stammzellen, aus denen sich jeder Zelltyp, jedes Gewebe, ja ein ganzer Organismus bilden kann.
Blutstammzellen „können“ nur Blutzellen
Tiere und Menschen verfügen zwar auch über das frühe Entwicklungsstadium hinaus über Stammzellen. Diese Zellen weisen jedoch ein weitaus begrenzteres Differenzierungspotenzial auf und können nur ein kleines Spektrum von Zelltypen hervorbringen.
Eine Blutstammzelle des Knochenmarks beispielsweise kann ausschließlich die verschiedenen Typen von Blutzellen, aber keine Nervenzellen produzieren. Es gibt also einen klaren, unumkehrbaren Entwicklungsgradienten: Während der frühen embryonalen Stadien weisen viele Zellen eine große Flexibilität auf, um während der Entwicklung immer speziellere Aufgaben zu übernehmen.
Jan Lohmann / Forschungsmagazin „Ruperto Carola“ der Universität Heidelberg
Stand: 01.12.2011