Wie hängen Klimawandel und Hitzesommer zusammen? Zwar ist bekannt, dass die europäischen Sommer im Mittel heute wärmer sind als jemals zuvor in den letzten 2.000 Jahren. Aber ein paar Zehntelgrad mehr erklären noch nicht, warum die halbe Nordhalbkugel schon seit Wochen Temperaturen von 30 Grad und mehr erlebt. Und auch Blockade-Wetterlagen sind per se nichts Ungewöhnliches. Warum aber sind sie diesmal so hartnäckig?
Luftiger Wettermacher
Zumindest eine der komplexen Verbindungen von globaler Erwärmung und Wetterextremen haben Forscher inzwischen aufgeklärt. Sie liegt hoch über unseren Köpfen: In rund zehn Kilometern Höhe zieht sich dort eine „Windautobahn“ einmal um den ganzen Globus – der Polarfront-Jetstream. In ihm rasen Luftmassen mit 250 bis 550 Kilometern pro Stunde Richtung Osten. Der Jetstream pendelt dabei in weiten Mäandern zwischen 40 und 70 Grad nördlicher Breite.
Antriebskraft und gleichzeitig Formgeber für diesen gewaltigen Windstrom sind die Temperaturunterschiede zwischen den polaren und tropischen Luftmassen. Die starken Luftdruckunterschiede zwischen ihnen treiben den Jetstream an und lassen ihn gleichzeitig in Nord-Südrichtung pendeln. Das Problem: Weil sich die Arktis in den letzten Jahrzehnten stärker erwärmt hat als der Rest des Globus, sinkt das Temperatur- und Druckgefälle zwischen den polaren und tropischen Luftmassen. Damit stockt auch der Motor für den Jetstream.
Extreme Pendelschwünge
Und das hat Folgen, wie Wissenschaftler festgestellt haben: „Wir sehen inzwischen ein extremes Jetstream-Verhalten, bei dem sich die Windströmung zu extremen Schleifen windet“, erklärt Jeff Masters von Weather Underground. Weil der Antrieb fehlt, schaukelt sich das Pendeln des Jetstreams auf und die Amplitude seiner Mäander wächst. Dadurch können Beulen dieser Windautobahn im Norden bis weit in die Arktis hineinreichen und feuchtwarme Luftmassen aus dem Süden dorthin bringen. Umgekehrt können südwärts ragende Mäander extrem kalte Luft bis zu uns bringen – und unsere Winter kälter machen.
„Dass der Jetstream sich öfter über lange Zeit stark windet, ist ein recht neues Phänomen“, berichtet Dim Coumou vom PIK. Wie er und seine Kollegen vor kurzem feststellten, sind die für solche gestauten, stark ausgebeulten Mäander des Jetstreams typischen Temperaturmuster seit dem Beginn des Industriezeitalters um fast 70 Prozent häufiger geworden.
Stau auf der Windautobahn
Hinzu kommt, dass die langsame Wellenbewegung des Jetstreams immer häufiger ganz stockt. Ähnlich wie auf einer Autobahn zu Ferienbeginn kommt es dabei in der Windautobahn über unseren Köpfen zu einem Stau. Dadurch verharren die Jetstream-Mäander ungewöhnlich lange an einem Ort und hält damit auch die dortige Wetterlage fest.
Genau das könnten Europa und andere Regionen der Nordhalbkugel momentan erleben. „Wenn in einer Region über Wochen das gleiche Wetter herrscht, können sich sonnige Tage in eine schwere Hitzewelle auswachsen oder Regen in eine Flutkatastrophe“, erklärt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Nadja Podbregar
Stand: 03.08.2018