Angststörungen haben in der Regel eine gute Chance, geheilt zu werden. Wenn Betroffene bemerken, dass sie zu einer vermehrten Angst neigen und diese auf die Dauer krankhaft wird, können sie zunächst versuchen, selbst etwas gegen die Situation zu tun. Hat dies jedoch keinen Erfolg oder werden die Angstzustände so groß, dass ein normaler Alltag kaum mehr möglich ist, sollten sie einen Psychotherapeuten oder Psychiater aufsuchen.
Selbsthilfe oft effizient
Wichtig ist zu wissen, dass der Lebensstil enorm viel ausmacht. Kommt es also vermehrt zur pathologischen Angst, kann es bereits helfen, wenn Leidtragende ihren Alltag umstellten. Zunächst sollte der Stress vermindert werden, weiterhin können bereits 30 Minuten Sport am Tag das Angstrisiko deutlich senken. Nicht unwichtig ist jedoch auch eine gesunde Ernährung und dass man seine Ängste nicht durch Mittel wie Alkohol oder Drogen dämpft.
Um die Angstattacken konkret anzugehen und zu bekämpfen, können Betroffene die Strategie einer „Desensibiliserung“ nutzen: Indem man sich der Angst stellt, erlernt das Gehirn, die Überreaktion abzubauen – ähnlich wie bei einer Allergie das Immunsystem lernt, nicht mehr auf das Allergen zu reagieren. Das allerdings setzt voraus, dass man sich den Ängsten stellt und die „bedrohlichen“ Situationen sogar bewusst aufsucht. Dies wird auch in der Psychotherapie angewendet.
Aussitzen statt Flüchten
Kommt die Angst wie erwartet, ist es wichtig, die Situation auszusitzen. Fürchten Sie sich vor der angeblich ausweglosen Situation der U-Bahn, gilt es sitzen zu bleiben und weiterzufahren, bis die Angst beginnt abzuklingen. Wenn man aus der Situation flüchtet, heißt das jedoch noch nicht, dass man versagt hat oder aufgeben muss. Nachdem man sich einige Minuten beruhigt hat und die Panik abgefallen ist, sollte man es erneut versuchen. Dem Körper ist es meist nicht möglich, das Anspannungslevel über eine längere Zeit hochzuhalten. Es stellt sich mit der Zeit ein Gefühl der Entspannung ein und der erste Schritt ist getan.
Nach und nach lernt unser Angstzentrum Amygdala dann, dass hier keine Gefahr droht. Denn die Lernfähigkeit des Angstgedächtnisses ist hoch – sonst wäre es zu keiner Angststörung gekommen. Das alte Muster wird von der Gehirnregion überschrieben und neu konditioniert. Mit der Zeit „empfindet“ das Gehirn daher die vormals schlimme Situation nicht mehr als Panikauslöser.
Wenn der Alltag zum Mienenfeld wird
Wenn man sich selbst nicht mehr helfen kann, hilft nur noch der Gang zum Experten. Leider erfolgt dieser bei vielen Patienten viel zu spät: Je früher eine Angststörung erkannt wird, desto besser lässt sie sich therapieren. Doch auch sonst sind die Erfolgsaussichten gut. Meist wird mit einer Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten behandelt. Dabei greift auch die kognitive Verhaltenstherapie zur Konfrontation der Ängste.
Schaffen es Patienten nicht, die Angst durch die Verhaltensänderung in den Griff zu bekommen, helfen Medikamente die neurologischen Bedingungen im Gehirn so zu verändern, dass es rein physisch zu weniger Angstreizen kommt. Gängige und bekannte Mittel sind Antidepressiva oder Benzodiazepine. Beide Medikamente arbeiten auf der Ebene der Neurotransmitter und erhöhen die Botenstoffkonzentration.
Drogen als Heilmittel?
Viele Patienten mit starken Ängsten, die auf diese Medikamente zurückgreifen müssen, berichten jedoch von mäßigem Erfolg und hohen Nebenwirkungen. Forscher sind daher stetig auf der Suche nach neuen Mitteln, bisher konnte jedoch noch kein geeignetes Psychopharmakon entwickelt werde. Doch langsam fassen einige Wissenschaftler etwas „andere“ Stoffe ins Auge: die Inhaltsstoffe von einigen Rauschmitteln.
Denn Halluzinogene wie Ketamin und psychoaktive Pilze könnten neue Hoffnung bei der Bekämpfung von Angsterkrankungen und Depression bringen. Schon vor etlichen Jahren wurden die Substanzen aus der Medikamentenforschung verbannt. Dass in ihnen aber Potenzial zur Heilung stecken kann, erforschen Wissenschaftler nun in aufwendigen Studien. Intravenös verabreicht, kann Ketamin in geringer Dosis schwer betroffenen Patienten helfen. Jedoch ist es noch lange davon entfernt, als Medikament anerkannt und akzeptiert zu werden. Weitere Forschungen werden in den folgenden Jahren nötig sein, um Nebenwirkungen und Abhängigkeit zu untersuchen.
Marie Ahrweiler