Dass der Neufund des Jahres 2018 aus einem Raum im Umbau stammte, braucht uns nicht zu verwundern, denn zahlreiche Gebäude Pompejis waren bei einem größeren Erdbeben 62 n. Chr. oder kleineren Nachbeben beschädigt worden. Diese waren möglicherweise bereits Vorboten des Vesuvausbruchs und jedenfalls der Grund dafür, dass Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten 79 n. Chr. noch an etlichen Orten im Gange waren.
Nicht nur aufgrund dieser noch andauernden Arbeiten, für die manche Wohnräume umfunktioniert werden mussten, können wir im Falle Pompejis kaum von einem Alltag in Momentaufnahme sprechen. Vor allem die Geschehnisse während und in der Folgezeit des Vulkanausbruchs haben die Momentaufnahme durchbrochen, die ich in mehrere Phasen einteile.
Von Plünderern durchwühlt
Viele Bewohner der Stadt waren mit ihrem Hab und Gut auf der Flucht. Nach der Verschüttung Pompejis durch Asche und Bimsstein kehrten Überlebende und Plünderer zurück, um in den Ruinen nach Wertsachen zu graben, denn offenbar ragten Gebäudespitzen noch aus dem Schutt und halfen bei der Orientierung in dem verschütteten Stadtareal. Löcher in Gebäudewänden, durch die Plünderer sich von Raum zu Raum vorarbeiteten, zeugen von diesen Störungen, die Jens-Arne Dickmann – bis vor einigen Jahren am Institut für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg tätig – exemplarisch kartiert hat.
Es wurden allerdings auch offizielle Grabungen auf kaiserliche Anordnung durchgeführt, um wiederverwertbares Baumaterial wie den Marmor des Forums von Pompeji zu bergen. Ein eigenes
Konsortium – die curatores restituendae Campaniae – war mit dem Wiederaufbau der Region betraut.
Zu guter Letzt sind auch die frühen Grabungen in bourbonischer und späterer Zeit, die noch nicht nacheinander einzelne Schichten abhoben, um zeitliche Abfolgen nachvollziehen zu können,
sondern primär an der Präsentation spektakulärer Funde interessiert waren, mitverantwortlich dafür, dass es sich in Pompeji nicht um einen versiegelten Befund handelt.
Autorin: Polly Lohmann, Universität Heidelberg/ Ruperto Carola