Obwohl sich alle Tonarten im gleichen Spektrum der für uns hörbaren Töne bewegen, haben sie alle ihren eigenen Charakter. Und das nutzen Musiker bewusst aus.
Einfach und naiv – C-Dur
C-Dur beispielsweise gilt als reine, aber auch „naive“, zuweilen wenig anspruchsvolle Tonart mit „unschuldigem“ Charakter. Mozart komponierte seine „Sonata facile“ für Klavier in C-Dur. Auch Abba verwendeten diese reine Tonart bei „Super Trouper“ oder die Beatles bei „Let it be“. Schostakowitsch schrieb die „Leningrader Sinfonie“ in C-Dur – mit voller Absicht: Das Werk entstand während der deutschen Belagerung der Stadt, und Schostakowitsch wollte seinem Vaterland eine klare Botschaft senden.
Festlich, die Trompetentonart – D-Dur
D-Dur ist die Tonart, in der sich von der Frequenz her Trompeten am wohlsten fühlen. Es hat deshalb einen besonders festlichen oder glanzvollen Charakter. Viele Opernouvertüren stehen in D-Dur, die meisten von Mozart beispielsweise, ebenso die Orchestersuiten von Bach. Auch „Rock DJ“ von Robby Williams wird durch diese Tonart geprägt.
Dem Tode nah – d-Moll
Ganz anders die Molltonarten. Sie gelten ohnehin als „traurige“ Tonarten. Gar als „jenseitig“ wird d-Moll bezeichnet. Als unheimlich gelten Mozarts Requiem oder Beethovens Neunte. Schubert verfasste sein Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ in d-Moll. „Sultans of Swing“ von den Dire Straits oder „Moonlight Shadow“ von Mike Oldfield nutzen sie ebenso. Die Tonart geht zurück auf den dorischen Modus der Kirchentonarten, dem eine besondere Archaik zugesprochen wird.
Ein ernstes Wort – h-Moll
Vor allem Johann Sebastian Bach ist es zu verdanken, dass h-Moll als „die Ernste“ angesehen wird. Zwei seiner bekanntesten Arien aus der Matthäus-Passion, „Blute nur, du liebes Herz“ und „Erbarme dich, mein“ Gott sowie eine Reihe seiner Messen sind in h-Moll verfasst mit der Absicht, Strenge und großen Ernst auch musikalisch umzusetzen. Pink Floyds „Money“ oder Herbert Grönemeyers „Mensch“ stehen ebenso in dieser Tonart.
Subjektiv empfunden oder nachweisbar?
Dass Tonarten „Charakter“ haben, ist unumstritten, obwohl sich die zugesprochenen Eigenschaften im Laufe der Jahrhunderte teilweise verändert haben. Woher die persönliche Note rührt, ist allerdings bisher nicht ganz geklärt.
Eine mögliche Ursache wäre die „pythagoreische Lücke“: Heute ist es technisch möglich, sie exakt gleichmäßig auf alle Intervalle aufzuteilen. Früher gelang dies jedoch nicht, so dass sich zwischen den Intervallen verschiedener Tonarten unterschiedliche Abstände ergaben – die hörbar oder zumindest latent erspürbar waren. Sie verliehen den einzelnen Tonarten ganz eigene Charakteristiken.
Hinzu kommt allerdings auch die traditionelle Verknüpfung bestimmter Stücke mit einzelnen Tonarten. Hirtenstücke beispielsweise wurden im als lieblich geltenden F-Dur verfasst, um ländliche Idylle darzustellen. Heitere Lebensfreude wurde mit A-Dur ausgedrückt, in Beethovens Siebter beispielsweise. Beethoven war es auch, der c-Moll mit seiner fünften Symphonie und der Klaviersonate „Pathetique“ zu einer schicksalsträchtigen Tonart machte.
Dominierende Intervalle aus Bequemlichkeit
Ein dritter Aspekt, der als Erklärung für die Ton-Charaktere in Betracht kommt, ist die Affinität von Tonarten mit bestimmten Instrumenten. Je nachdem, ob beispielsweise es-Moll auf einer Gitarre oder einem Saxophon gespielt wird, sind sie für die Hände unterschiedlich gut umzusetzen. Auf dem Klavier lässt sich aufgrund der Tastenlage das Intervall der Terz beispielsweise in c-Moll sehr gut spielen. In dis-Moll sind die Tasten von Grundton und Quinte gut zu erreichen. Terz und Quinte können die Musikstücke also je nach Bequemlichkeit des Komponisten dominieren. Die beiden Intervalle haben jedoch unterschiedliche Klangeigenschaften, die Terz gilt als dissonant und scharf, die Quinte dagegen als reinstes Intervall nach der Oktave. Je nachdem, welches der beiden Intervalle in einem Musikstück häufiger auftaucht, kann dies also eher unangenehm oder freundlich klingen.
Stand: 02.03.2007