Ein Faktor bei Alzheimer ist die Veranlagung: Mittlerweile sind schon mehrere Gene bekannt, deren Veränderung das Risiko für eine Demenz erhöht. Aber längst nicht jeder, der einen oder mehrere dieser Gene trägt, erkrankt auch. Mehr und mehr gehen Forscher daher heute davon aus, dass auch
Umweltfaktoren eine wichtige Rolle spielen – ähnlich wie bei Diabetes und andern Volkskrankheiten auch.
Ein Faktor ist beispielsweise das Rauchen: Schon 2007 haben niederländische Forscher festgestellt, dass Raucher ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko besitzen als Nichtraucher. Von ihren knapp 7.000 älteren Studienteilnehmern gehörten die Raucher nach sieben Jahre Laufzeit mit 50 Prozent größerer Wahrscheinlichkeit zu den Demenzfällen als die Nicht- und Ex-Raucher. Nach Ansicht der Forscher könnten mehrere Mechanismen für diesen Zusammenhang verantwortlich sein.
„Rauchen erhöht das Risiko für Erkrankungen der Gehirngefäße, diese wiederum stehen in Verbindung mit Demenz“, erklärt Monique Breteler vom Erasmus Medical Center in Rotterdam. „Andere Mechanismen könnten mit dem oxidativen Stress zusammen hängen. Denn dieser kann Zellen in den Blutgefäßen beschädigen und zu einer Verhärtung der Gehirnarterien führen. Bei Rauchern ist der oxidative Stress erhöht, ein Phänomen, dass auch bei Alzheimer beobachtet werden kann.“
Ratten im Stress
Inwieweit auch psychische Faktoren wie Stress ein Auslöser für Alzheimer sein könnten, überprüften Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie im Jahr 2011 in einer Studie. Die Münchner Forscher setzten dafür Ratten einen Monat lang täglich für eine Stunde unter Stress, beispielsweise durch einen überbesetzten Käfig oder eine vibrierende Plattform. Anschließend ermittelten sie, wie viel hyperphosphoryliertes Tau-Protein im Hippocampus und der präfrontalen Hirnrinde vorhanden war. Zusätzlich mussten die Tiere Lerntests absolvieren.
Die Experimente zeigen, dass Stress und die dabei ausgeschütteten Stresshormone tatsächlich Alzheimer-ähnliche Protein- und Verhaltensänderungen bei Ratten beschleunigen können. Die gestressten Tiere hatten deutlich erhöhte Werte von hyperphosphoryliertem Tau-Protein im Gehirn. Sie konnten sich zudem schlechter an bereits Gelerntes erinnern als nicht gestresste Artgenossen und verhielten sich deutlich unflexibler – ein Hinweis auf Schäden in der präfrontalen Hirnrinde.
Mehr Plaques
„Die Ergebnisse zeigen, dass Stresshormone und Stress das Tau-Protein wie bei Morbus Alzheimer verändern können“, erklärt Osborne Almeida vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie. In einer früheren Studie hatten die Forscher bereits nachgewiesen, dass Stresshormone bei erblichen Alzheimerformen auch die Bildung von Beta-Amyloid-Protein beschleunigen und so zu Gedächtnisverlust führen können. Dieses Protein bildet bei Alzheimer-Patienten ebenfalls für die Nervenzellen giftige Ablagerungen im Gehirn.
Als nächstes wollen die Forscher herausfinden, ob Stress und Stresshormone eine ähnliche Rolle bei nicht-erblichem Alzheimer spielen. Auch beim Menschen könnten negative Umwelteinflüsse das Alzheimer-Risiko und den Verlauf der Erkrankung beeinflussen. „Wenn Stress tatsächlich ein Auslöser für Alzheimer wäre, würde das neue Möglichkeiten eröffnen, die Krankheit zu verhindern oder zumindest zu verzögern“, sagt Osborne Almeida.
Nadja Podbregar
Stand: 20.09.2013