Myonen werden von Fels, Stahl und Co nicht nur absorbiert, sondern auch gestreut. „Wenn Myonen durch ein Material fliegen, kommen sie den Atomkernen manchmal nahe genug, um durch elektromagnetische Wechselwirkungen aus ihrer Bahn gelenkt zu werden“, erklärt der Myonen-Forscher Andrea Giammanco von der Katholischen Universität Louvain. Das Ausmaß dieser Streuung hängt dabei vom Material ab – je schwerer und protonenreicher die enthaltenen Atome, desto stärker ist die Myonenstreuung.

Schneller und höher auflösend
Aus der Energie und Richtung der Myonen lässt sich daher die Zusammensetzung und Struktur von Objekten und Materialien noch schneller und genauer ermitteln als nur durch die Absorption der energiereichen Teilchen. „Die Myonen-Tomografie erfordert jedoch die Rekonstruktion der Myonenbahn vor und nach Passieren des Objekts“, erklärt Giammanco. „Eine typische Anlage umfasst daher einen Detektor über dem Untersuchungsobjekt und einen darunter.“ Alternativ können die Detektoren auch auf mehrere Seiten eines Objekts aufgestellt werden.
Der Vorteil der erst 2003 entwickelten Myonen-Tomografie: Die Messungen können das Innenleben der durchleuchteten Objekte auch dreidimensional abbilden. Zudem benötigen sie weniger Zeit und sind meist präziser als die Absorptionsmessungen. Schon wenige Minuten können beispielsweise ausreichen, um einen Container oder Lastwagen auf verbotene Fracht zu durchleuchten. Dafür ist diese Technik nur für mittelgroße und kleinere Objekte geeignet – ganze Berge oder sehr große Gebäude lassen sich mit der Myonen-Tomografie nicht durchleuchten.

Myonen-Scans gegen Schmuggelware
In den USA wird die Myonen-Tomografie bereits testweise an der Grenze zu Mexiko eingesetzt – und hat schon erste Treffer gelandet: Der Zoll untersuchte vor einigen Jahren einen Laster, der augenscheinlich Rollen von Stahlblech geladen hatte. Doch während die Röntgen-Scans keine Auffälligkeiten zeigten, enthüllten die Myonen-Scans verdächtige Stellen im Inneren der Stahlrollen. „Die Myonen-Aufnahmen zeigten, dass in den Rollen etwas weniger Dichtes steckte“, berichten Giammanco und seine IAEA-Kollegen. „Nach Öffnen der Stahlrollen wurden darin jeweils mehrere Metallboxen voller Marihuana entdeckt.“