Je mehr Einblick die Ozeanologen und Geologen in die Welt der hydrothermalen Vents gewinnen, desto erstaunlicher werden die Erkenntnisse und Funde. Und mit diesen wächst auch der Verdacht, dass diese seltsamen Schlote am Meeresgrund von weitaus größerer Bedeutung sein könnten als bisher angenommen. Offensichtlich schaffen sie nicht nur einen lokal begrenzten und reichlich exotischen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Bakterienarten, sondern beeinflussen auch die Ozeane und letztlich die Erde als Ganzes.
Schlote als globale Umwälzpumpen
Die zahlreichen „Unterwassergeysire“ befördern im Laufe der Zeit gewaltige Wärme- und Chemikalienmengen aus dem Inneren der Erde an die Oberfläche. Die Meerwassermenge, die an solchen Schlotfeldern durch die Risse in den Boden einsickert, aufgeheizt und wieder ausgeschleudert wird, entspricht der Wassermenge, die jedes Jahr den Amazonas hinabfließt.
Wissenschaftler schätzen, dass das aus den Schwarzen Rauchern ausströmende heiße Wasser für 34 Prozent des gesamten Wärmezustroms der Weltmeere verantwortlich ist. Die Zirkulation des Meerwassers in und durch die Risse der Erdkruste an diesen Schlotfeldern trägt damit ein Viertel der gesamten Wärmemenge des Planeten Erde bei.
Auch das chemische Gleichgewicht der Ozeane könnte – so die neue Erkenntnis – weitaus stärker vom Ausstoß der Schwarzen Raucher beeinflusst werden, als bisher angenommen. Geochemiker schätzen inzwischen sogar, dass alle sechs bis acht Millionen Jahre das gesamte Wasser der Weltmeere durch hydrothermale Zirkulation einmal komplett umgewälzt wird. Bisher galten die Einträge von Chemikalien über die Meeresküsten und Flüsse immer als die entscheidenden Faktoren der Ozeanchemie. Inzwischen wird jedoch deutlich, dass die Einträge durch hydrothermale Schlote mindestens ebenso bedeutend sein könnten.
Das Wasser der Schlote reichert das Meerwasser mit Mineralien wie Kalzium und Natrium, gasförmigen Verbindungen wie Schwefelwasserstoff und Methan sowie Metallen wie Eisen, Kupfer und Mangan an. Gleichzeitig werden an den hydrothermalen „Vents“ dem Tiefenwasser der Ozeane aber auch gelöste Stoffe entzogen: Magnesium und Sulfat beispielsweise reagieren mit anderen Elementen zu unlöslichen Verbindungen, fallen aus und sind damit – zumindest zeitweise – aus dem Verkehr gezogen.
Giftschleudern am Meersgrund…
Dass die Stoffe, die die heißen Quellen aus dem Erdinneren zutage fördern, keineswegs nur segensreich und nützlich sind, entdeckten Forscher des kanadischen „Geological Survey“ Ende 1999: Als sie Wasser- und Gesteinsproben einiger hydrothermaler Schlote vor der Küste Neuseelands untersuchten, ergab die chemische Analyse extrem hohe Quecksilberwerte. Es zeigte sich, dass jeder der untersuchten Raucher im Laufe eines Jahres bis zu einem Kilogramm des hochgiftigen Schwermetalls aus den Sedimenten des Meeresbodens freisetzte.
Noch ist unklar, ob und wie diese Quecksilberverbindungen in die marine Nahrungskette gelangen. Doch der kanadische Ozeanologe Bob Garrett wies bereits daraufhin, dass die an den Schloten lebenden Bakterien das reine Quecksilber in eine organische Form umwandeln, die besonders leicht von Fischen aufgenommen werden kann. Tatsächlich mussten japanische Fischer bereits in den 70er Jahren die Tunfischjagd in dieser Region aufgeben, weil ihre Fänge immer wieder unerklärlich hohe Quecksilberwerte aufwiesen. Ob auch die Schwarzen Raucher an anderen Stellen des Meeresbodens Quecksilberschleudern sind, ist nicht bekannt, unmöglich wäre es jedoch nicht…
Stand: 22.08.2000