Hat die Mücke oder Zecke erst einmal ihren Wirt gefunden und ist auf ihm gelandet, ist sie damit noch nicht automatisch am Ziel. Bevor sie zustechen kann, muss sie erst einmal eine geeignete Einstichstelle suchen und gleichzeitig prüfen, ob der Wirt überhaupt geeignet ist.
Zecken krabbeln oft noch stundenlang auf „ihrem“ Menschen herum und suchen nach Stellen mit besonders zarter, dünner Haut. Von den Knöcheln oder Unterschenkeln, wo sie nach dem Abgestreiftwerden im hohen Gras oder im Gebüsch meistens landen, bewegen sie sich aufwärts und beißen sich dann bevorzugt an den Innenseiten der Oberschenkel, den Achselhöhlen oder dem Nacken fest. Da sie sich bei ihren Wanderungen unter der Kleidung bewegen und ihr Krabbeln kaum zu spüren ist, ist das Risiko der Entdeckung für die winzigen Spinnentiere sehr gering.
Anders dagegen Mücken, Bremsen und die meisten anderen fliegenden Blutsauger: Sie wandern nicht lange herum, sondern stechen in der Regel dort ein, wo sie landen. Für sie kann Schnelligkeit (über-)lebenswichtig sein, denn sie werden – wenn ihr Opfer nicht gerade schläft – leicht entdeckt und verjagt oder getötet. Vor dem eigentlichen Saugen allerdings sondieren auch Mücken durch einige „Probebohrungen“ das Terrain. Von Geschmacksrezeptoren in der Spitze ihres Saugrüssels geleitet, erspüren sie so die nahegelegendsten Blutkapillaren unter der Haut.
Um an das unter mehreren Haut- und Gewebeschichten verborgene Blut heranzukommen nutzen Blutsauger zwei unterschiedliche Strategien. Die einen, zu denen auch Zecken und Bremsen gehören, nehmen die „Axt“: Sie nutzen ihre zu scherenartigen Werkzeugen umgeformten Mundteile um die schützenden Zellschichten um die feinen Hautblutgefäße zu zerreißen. Da diese nicht gerade zarten Bisse vom betroffenen Tier oder Mensch deutlich zu spüren sind, ist mit Gegenwehr zu rechnen.
Doch die Blutsauger sind entsprechend angepasst: Bremsen und Zecken überstehen nicht nur leichte Schläge mit der Hand oder einen Treffer mit dem Kuhschwanz, sondern sogar das Wälzen des betroffenen Tieres. Zecken müssen sich vor Entdeckung und Entfernung allerdings noch effektiver schützen, weil sie nicht nur wenige Minuten sondern meist mehrere Tage an ihrem Opfer saugen. Ihr Speichel enthält daher neben einem schnell wirkenden Betäubungsmittel auch Substanzen, die die Immunreaktion des Opfers unterdrücken – das verräterische Jucken bleibt aus. Gleichzeitig geben sie auch eine weißliche, schnell härtende Masse in die Wunde ab, die ihre Mundwerkzeuge in der Haut des Wirtes „festzementiert“ und sie so vor dem Abgestreiftwerden schützt.
Wesentlich geschickter gehen die Vertreter der „Strohhalm-Strategie“ vor: Mücken und Tsetsefliegen haben einen sehr dünnen, von scharfen Stiletten umgebenen Saugrüssel, mit dem sie gezielt die Haut ihres Opfers durchstoßen und einzelne Blutkappillaren anstechen können. Der beim Saugen in die Stichstelle injizierte Speichel hemmt nicht nur die Blutgerinnung, sondern erhöht auch die Durchlässigkeit der Kapillarwände und sorgt so für reichlichen Blutnachschub.
Lästiger Nebeneffekt: Die fremden Eiweißstoffe des Mückenspeichels lösen eine Immunreaktion aus und etwa drei Minuten nach dem Stich beginnt das typische Mückenstich-Jucken. Der gestochene Mensch merkt meist erst dadurch, dass er Opfer eines Mückenstichs geworden ist, doch zu spät: Zu diesem Zeitpunkt hat die Mücke, die nur zwei bis drei Minuten für ihren Saugakt braucht, bereits ihre Mahlzeit beendet und ist außer Sichtweite…
Stand: 06.05.2002