Wie sich ein Sonnensturm während eines solaren Maximums auf der Erde auswirken kann, zeigte sich vor elf Jahren: Im März 1989 begannen plötzlich die Messgeräte von Radioteleskopen in den kanadischen Provinzen British Columbia und Ontario verrückt zu spielen, Zeiger sprangen aus den Skalen, Alarmsummer ertönten – was war passiert?
Die Ursache lag 150 Millionen Kilometer entfernt: Nur Minuten zuvor hatte das Magnetfeld der Sonne in einer enormen Eruption einen gewaltigen Energiestoß in Richtung Erde geschleudert. Mit rasender Geschwindigkeit durcheilte die Schockwelle das Weltall und traf mit fast ungeminderter Wucht auf die Erdatmosphäre und das irdische Magnetfeld. Unter dem Druck dieser elektromagnetischen Strahlung verbogen sich die Magnetlinien der Erde, wurden zur Seite und nach unten weggedrückt.
Noch spürten nur die Messgeräte die Auswirkungen dieses dramatischen Ereignisses, doch den Astronomen des Radio-Astrophysikalischen Observatoriums war klar, dass dies nur die Vorboten des eigentlichen Sonnensturms waren. In Windeseile schickten sie Warnmeldungen an alle Regierungsbehörden Kanadas und der USA, denn der Hauptsturm, eine Gaswolke hochenergetischer Teilchen, würde in spätestens 36 bis 48 Stunden die Erde erreichen.
Und genau das passierte auch: Am Morgen des 13. März traf der Regen von geladenen Teilchen auf die Erde und schlug in die Atmosphäre ein. Die Energie der Einschläge erwärmte diese und ließ sie aufgehen wie einen Hefeteig. Als Folge wurden Satelliten aus ihren Bahnen gehoben, Raumstationen gerieten ins Schwanken. Sekunden später hatte ein Teil der hochenergetischen Teilchen bereits den Schutzschild der Atmosphäre durchdrungen und erreichte die Stromversorgungsnetze der nördlichen Hemisphäre.
Lichter in Stockholm und Toronto begannen zu flackern, Alarmanlagen gellten und Uhren hörten auf zu ticken. In einigen Teilen Quebecs legte der Sonnensturm das gesamte Stromnetz lahm, in den USA brachen Kommunikationsverbindungen zusammen und die Concorde musste von ihrer Route abweichen, um ihre Passagiere vor der erhöhten Strahlenbelastung zu schützen. Nach zwei Tagen hatte die Teilchenwolke die Erde passiert und es kehrte wieder Ruhe ein…
Im Vergleich zur gesamten Energie der Sonne macht ein solcher Sonnensturm nur einen winziger Bruchteil aus, doch schon dieser Bruchteil kann ausreichen, um im schlimmsten Fall ein Chaos anzurichten, gegen das die Befürchtungen, die 1999 anläßlich des Millennium-Bugs kursierten, wie Peanuts anmuten. Selbst bei einem vergleichsweise schwachen solaren Sturm wie er sich im Januar 1997 ereignete, ergießen sich innerhalb von 48 Stunden noch immer 1.400 Gigawatt an Energie in die Atmosphäre der Erde – mehr als doppelt soviel, wie die gesamte jährliche Stromproduktion der Vereinigten Staaten…
Welche Folgen könnte das diesjährige solare Maximum haben? Ist man darauf vorbereitet?
Stand: 21.06.2000