Besonders deutlich wird die Kraft des Windes in ihrer dramatischsten Form: dem Sandsturm. Gerade noch ist es windstill, doch dann rast plötzlich eine dunkle Wolke heran. Feiner, erstickender Staub dringt in Nase, Mund und Kleidung, bedeckt in Windeseile alles in weitem Umkreis. Das umher wirbelnde Material nimmt jede Sicht, alles erscheint nebelig und trüb. Ein Kubikkilometer Luft kann in einem dichten Staubsturm bis zu tausend Tonnen Staub enthalten.
Im September 2009 traf es beispielsweise die australischen Metropolen Sydney und Brisbane: Stürme im Outback von New South Wales hatten eine Wolke roten Staubs und Sandes über die Stadt und weite Bereiche ihres Umlands getragen. Eine außergewöhnlich lange Periode der Dürre hatte das Gebiet besonders anfällig für diese Verwehung gemacht. Flug- und Fährverkehr der Stadt kamen zum Erliegen, hunderte Menschen ließen sich wegen Atembeschwerden behandeln. Der Himmel erschien in orangefarbenem Dämmerlicht.
Einmal über den Atlantik
Pro Jahr können solche Stürme mehrere Milliarden Tonnen Sand und Staub bewegen. Ist die Windgeschwindigkeit hoch genug, schleudert ein solcher Sturm die feinen Partikel bis in mehrere Kilometer Höhe. Ein großer Teil davon wird regelmäßig von Höhenluftströmungen erfasst und mehrere tausend Kilometer mitgeschleppt. Der westwärts wehende Passatwind trägt die gewaltigen Staubwolken der Sahara über den Atlantik bis in die Karibik nach Südamerika.
Hier sorgen sie als regelrechte „Nährstoff-Dusche“ im Regenwald für neues Leben, wenn sie sich in den Kronen der Bäume niederschlagen. So genannte Aufsitzerpflanzen wie Orchideen, Bromelien oder Flechten gewinnen aus den Sanden lebenswichtige Nährstoffe wie Kalium, Kalzium oder Phosphor. Ohne diesen Mineraliennachschub aus der afrikanischen Wüste würde der südamerikanische Regenwald in seiner heutigen Form nicht existieren. Kürzlich stellten Wissenschaftler fest, dass der Wüstensand auf diese Weise nicht nur die Amazonasregion versorgt, sondern sogar bis in die Bergregenwälder Ecuadors transportiert wird. Zuvor war lange unbekannt woher diese Wälder, die oft auf armen, sauren Böden zu finden sind, ihre Nährstoffe erhalten.
Klimawandel und Mensch machen Staubstürme häufiger
Der Wüstensand kann aber auch bis nach Mitteleuropa vordringen, wenn der heiße Wind des Scirocco von der Sahara über das Mittelmeer nach Norden weht. Dann überziehen die Stäube aus der Wüste manchmal sogar die Gletscher der Alpen mit einer rötlich-gelben Schicht. Während dieses Phänomen in Europa eher selten ist, trifft es andere Regionen der Erde immer häufiger: Der Klimawandel und die durch Überweidung oder Rodungen geförderte Ausbreitung der Wüsten sorgen dafür, dass Sandstürme immer häufiger auch dicht besiedelte Gebiete treffen.
In China ist die Hauptstadt Peking bereits mehrmals im Jahr betroffen. Immer wieder gibt es hier „Staubalarm“ und die Menschen müssen Masken tragen, um Atemproblemen vorzubeugen. Ursache für die zunehmenden Sandstürme ist auch dort die fortschreitende Desertifikation, jedes Jahr verliert China eine fruchtbare Fläche von der Größe des Saarlands an die Wüste. Gewaltige Aufforstungsaktionen wie die „Grüne Mauer“ sollen dem entgegenwirken und vor allem die Sandstürme zurückhalten. Auf einer Länge von 4.500 Kilometern und einer Breite von mehr als 100 Kilometern werden dabei Schutzgürtel aus Bäumen, Büschen und Gräsern angepflanzt. Sie sollen den Boden festhalten, den Sand abfangen und die Windgeschwindigkeit verringern. Die aufwändigen Maßnahmen zeigen bereits erste Erfolge und haben in einigen Gebieten das Vorrücken der Wüsten stoppen können.
Nadja Podbregar
Stand: 04.05.2012