„Ich bin der Tod, der Zerstörer der Welten“ – mit diesem Zitat machte Robert Oppenheimer, der „Vater der Atombombe“, im Juli 1945 seiner Erschütterung beim Anblick der ersten Atombombenexplosion Luft. Die Erfindung der Atombombe markiert nicht nur den Beginn des Atomzeitalters und des atomaren Wettrüstens, sondern gleichzeitig auch den Beginn einer völlig neuen Ära in der Wissenschaftsgeschichte: Zum ersten Mal ist der Mensch imstande, seine gesamte Spezies auszurotten und die Erde zu vernichten.
Letztendlich war es genau diese Erkenntnis, die die Forscher aus ihrem Elfenbeinturm der reinen Wissenschaft hinauskatapultierte. „Die Aufgaben eines Wissenschaftlers beinhalteten vor der Erfindung der Atombombe nach allgemeiner Ansicht weder die Pflicht, die aktuellen oder voraussichtlichen Konsequenzen seiner wissenschaftlichen Forschung zu bedenken, noch, die Öffentlichkeit darüber zu informieren“ charakterisiert James Franck, ein am Manhattan-Projekt beteiligter Wissenschaftler die damalige Situation. Doch die Atombombe entlarvte die vermeintliche wissenschaftliche Objektivität und Neutralität der Grundlagenforschung schnell als Illusion.
In seinem Bericht an die damalige US-Regierung fordert Franck noch im Juli 1945 eine Verantwortung der Wissenschaftler für die Folgen ihrer Erfindungen, wenig später schließen sich ihm weitere Wissenschaftler im „Russel-Einstein-Manifesto“ an.
1955 initiiert diese Gruppe die erste „Pugwash Conference on Science and World Affairs“, auf der der Physiker Joseph Rotblat an seine Forscherkollegen weltweit appelliert: „In einer Zeit, in der die Wissenschaft eine so große Bedeutung für das Leben der Gesellschaft hat, in der das Schicksal der gesamten Menschheit von den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung abhängen kann, ist es um so wichtiger, dass sich alle Wissenschaftler dieser Rolle bewusst sind. Ich appelliere an meine Mitforscher, sich ihrer Verantwortung gegenüber der Menschheit zu entsinnen.“ Dieser Appell wurde zwar gehört und von den meisten wissenschaftlichen Einrichtungen und Institutionen übernommen, seine konkrete Umsetzung war jedoch nur selten gefordert.
Mit dem Zeitalter der Gentechnik ändert sich dies jedoch dramatisch. Seitdem Forscher entdeckt haben, welches Potenzial in der gezielten Manipulation des Erbguts liegt, hat die Jagd begonnen: Jeder will der erste sein, der ein gewinnträchtiges Gen patentieren lässt, eine neue Anwendung findet oder entscheidende Schritte in der Klontechnik beschreitet – die Frage nach der Verantwortung und den möglichen Folgen bleibt in diesem Rennen häufig hoffnungslos abgeschlagen zurück.
Erst die ablehnenden und skeptischen Reaktionen der Öffentlichkeit und dadurch auch der Politik haben die Ethik dieser Technologien thematisiert und die Forscher gebremst. Gedacht hatte Rotblat das ganze allerdings eher umgekehrt: Er sah nicht die Öffentlichkeit, sondern den Forscher an erster Stelle in der „Verantwortungskette“…
Stand: 21.08.2001