Als die Besatzung der Essex im Jahre 1819 im Pazifik durch den berüchtigten Moby Dick Schiffbruch erlitt, verdankten sie ihr Überleben einem besonderen Umstand: sie konnten das Meerwasser trinken. Was zunächst wie Seemannsgarn klingt, ist inzwischen wissenschaftlich bewiesen: An manchen Stellen der Kontinentalränder tritt Süßwasser aus unterirdischen Quellen und bildet regelrechte Trinkwasserblasen im ansonsten salzhaltigen Meerwasser. Versierte Seefahrer machten sich in den vergangenen Jahrhunderten diese „Meeresbrunnen“ zu Nutze und füllten dort gefahrlos ihre Trinkwasservorräte wieder auf.
„Wasserfall“ nach oben
Die Erklärung für dieses merkwürdige Phänomen ist so einfach wie einleuchtend: die Grundwasserleiter der Kontinente verschwinden am Rand des Festland nicht einfach im Nichts, sondern treten häufig an den Kontinentalhängen wie eine Art Wasserfall aus dem Untergrund heraus. Da Süßwasser allerdings eine geringere Dichte als Salzwasser hat, ist es vergleichsweise leichter und steigt nach oben. In Europa sind solche Quellen vor allem im Mittelmeer vor den Küsten Spaniens, Frankreichs, Syriens und Israels bekannt.
Aber auch abseits der Grundwasserleiter tritt selbst in größeren Tiefen immer wieder Wasser aus dem Meeresboden aus. Schätzungsweise zwei Millionen Kubikkilometer Wasser sind vorsichtigen Schätzungen von Forschern zufolge in den Sedimenten unter den Ozeanen gebunden – weitaus mehr als in Ostsee, Mittelmeer und Schwarzen Meer zusammen.
Fluide im Untergrund
Diese so genannten Fluide spielen vor allem an Subduktionszonen eine große Rolle. Denn mit dem Abtauchen der ozeanischen Platte wird neben den Sedimenten auch eine große Menge Meerwasser regelrecht „verschluckt“. Es verschwindet im Erdinneren und wird unter großem Druck und zunehmender Hitze mit Mineralien und Gasen angereichert. Sobald es wieder an die Oberfläche tritt, fallen diese dann im kalten Meerwasser wieder aus und lagern sich als mineralienhaltige Schicht am Grund der Ozeane ab.
Diese Quellen werden häufig von ungewöhnlichen Lebensgemeinschaften besiedelt. So leben beispielsweise Muscheln und Bartwürmer mit Bakterien in Symbiose, um die methan- und schwefelhaltigen Wasser zu nutzen. Selbst innerhalb der Sedimente leben zahllose Mikroorganismen von den Fluiden. Sie oxidieren vor allem Methan ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff und lösen damit eine Reihe anderer Reaktionen aus, an deren Ende die Ausfällung von Carbonaten und Kalk steht. Ein Prozess, der noch bis vor wenigen Jahren von Wissenschaftlern als unmöglich angesehen wurde.
Stand: 16.12.2005