Am 26. April 1986 ereignete sich im Reaktorblock 4 der Kernkraftwerksanlage bei Tschernobyl in der Ukraine der bisher größte nukleartechnische Unfall. Durch eine Explosion wurden riesige Mengen radioaktiven Materials in die Atmosphäre geschleudert und ein zehn Tage lang währendes Feuer in der Reaktoranlage setzte weitere große Radionuklidmengen frei.
Kernbrennstoffteile und größere radioaktive Aerosole lagerten sich in der Umgebung des Reaktors ab, kleine radioaktive Aerosole und Gase verteilten sich dagegen weiträumig über den gesamten europäischen Kontinent. Selbst in zweitausend Kilometern Entfernung vom Unglücksort führten Regenfälle zu beträchtlichen Ablagerungen von Radionukliden aus dem Unglücksreaktor.
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Mehr als 300.000 Menschen wurden aus den hoch kontaminierten Gebieten evakuiert oder umgesiedelt. Viele derjenigen, die in radioaktiv belasteten Regionen wohnten oder immer noch wohnen, müssen mit dem Stigma ‚Tschernobyl-Opfer’ leben. Dies führte zu massiven psychologischen und soziologischen Problemen.
Eine fehlende beziehungsweise völlig misslungene Information der betroffenen Menschen durch die Behörden verschlimmerte die Folgen des Tschernobyl-Unfalls drastisch. In den 1980er-Jahren gehörte es noch zum System der Sowjetunion, die Bevölkerung über Umweltkatastrophen im Unklaren zu lassen. Abgesehen davon, dass zahlreiche Strahlenexpositionen von Menschen hätten vermieden werden können, führte dies zu einem tiefen Misstrauen der Bevölkerung gegenüber dem politischen System. Dies trug sicherlich zur Auflösung der Sowjetunion bei.
Aber auch in den westlichen Demokratien herrschte – und herrscht immer noch – in Teilen der Bevölkerung Misstrauen gegenüber den offiziellen Verlautbarungen über die strahlenbedingten Gesundheitsrisiken. Angesichts dieser Situation bemühen sich internationale Gremien wie das „Wissenschaftliche Komitee der Vereinten Nationen für die Effekte von Atomstrahlung“ (UNSCEAR) und das „Tschernobyl- Forum“ der Vereinten Nationen, die Fakten objektiv darzustellen…
Stand: 21.04.2006