Jahr für Jahr gehen nach Informationen der Umweltschutzorganisation Robin Wood rund 200.000 Quadratkilometer Tropenwald verloren. Das sind im Schnitt mehr als 5.500 Bäume pro Minute. Schuld daran ist der Mensch. Skrupellose Ölfirmen verlegen Pipelines durch Naturschutzreservate, die illegale Holzmafia schlägt ganze Regionen kahl, Kleinbauern räumen per Brandrodung Flächen für die Landwirtschaft frei.
Neben diesen altbekannten Bedrohungen hat in den letzten Jahren eine neue Gefahr Einzug in die immergrünen Wälder gehalten – der Tabakanbau. Längst regieren in Tansania, Malawi, Simbabwe und anderen Entwicklungsländern Axt und Feuer und sorgen unbarmherzig dafür, dass große Gebiete entwaldet werden. Anschließend schießen entlang von zum Teil mit Krediten der Weltbank neu angelegten Straßen immer neue Tabakplantagen aus dem Boden.
Die Umweltschutzorganisation „Rettet den Regenwald“ hat ausgerechnet, dass für ein Kilogramm fertigen Tabak 160 Kilogramm Holz den Flammen zum Opfer fallen. Laut WHO werden jährlich insgesamt rund 1,2 Millionen Hektar Waldland in den Tropen und Subtropen für den Tabakanbau vernichtet – mit fatalen Folgen für das Weltklima.
Holzverbrauch zum Trocknen des Tabaks
Viel schlimmer als die Rodung selbst ist dabei der Holzverbrauch für das Trocknen des Tabaks nach der Ernte. Allein in Tansania werden 1,2 Prozent des gesamten Brennholzverbrauchs dafür verwendet. Besonders begehrt sind wegen der starken Rauchentwicklung vor allem Harthölzer, die dem Tabak einen speziellen, unnachahmlichen Geschmack verleihen.
Doch der Tabakanbau auf den neu angelegten Feldern ist ein ebenso lukratives wie kurzes „Vergnügen“. Gerade mal zwei Ernteperioden reichen die Nährstoffe im Boden aus, um die anspruchsvollen Tabakpflanzen mit allem zu versorgen was sie brauchen. „Danach ist der Boden ausgelaugt, die Produktion geht zurück und die Bauern müssen sich nach neuer Anbaufläche umsehen. Der Entwaldung folgen Erosion und Verwüstung.“ sagt dazu der Forstwissenschaftler Aaron S. Mganim von der Universität in Morogoro, dem Zentrum des tansanischen Tabakhandels im Regenwaldreport 2003 der Organisation Rettet den Regenwald.
Nachdem die Karawane des Tabakanbaus weiter gezogen ist, bleibt ein Boden zurück, der auf Jahre hinaus für landwirtschaftliche Zwecke unbrauchbar ist. Wenn die anschließende Erosion und die direkte Sonneneinstrahlung ihr Werk vollendet haben, bleiben häufig genug nur noch wüstenartige Landschaften zurück.
Tabak macht Wüsten
„Wo einst Wälder wuchsen, dehnt sich verödete Steppe aus“ – so lautet denn auch das Resumee des Regenwaldreports für Malawi, das seit rund 40 Jahren fast ausschließlich auf die Karte Tabak gesetzt hat, um Devisen ins Land zu holen. Auch in anderen Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas sieht die Situation kaum anders aus.
Zusätzlich droht den Tabakhochburgen jetzt vermutlich auch noch ein katastrophales Artensterben in Fauna und Flora. Wie das Wissenschaftsmagazin „Nature“ am 26.07.2003 berichtet, haben Forscher in Japan, Australien und Singapur festgestellt, dass durch den Kahlschlag in den dortigen Wäldern, die Lebensräume für Tiere und Pflanzen in den letzten knapp 200 Jahren um 95 Prozent schrumpft sind. Die Wissenschaftler befürchten nun, dass dort zum Ende des 21. Jahrhunderts knapp die Hälfte aller Spezies ausgestorben sind. Ähnliches könnte – wenn der Waldverbrauch in Zukunft so weiter geht – auch den Tabakländern blühen.
Die meisten Zigarettenkonzerne jedoch versuchen, sich von dem Vorwurf an der Tropenwaldzerstörung beteiligt zu sein, reinzuwaschen. Wie Philipp Morris, der größte Tabakkonzern der Welt, betonen sie meist, dass sie ihr Rohmaterial ausschließlich von renommierten internationalen Großhändlern beziehen. Im Übrigen berufen sie sich auf ihre Anstrengungen beim Umweltschutz, die einen nachhaltigen Tabakanbau gewährleisten sollen. „… International betreibt keine eigenen Tabakplantagen. Wir kaufen unseren Tabak bei Großhändlern und Farmern in vielen Ländern der Welt. Wir achten streng darauf, dass der von uns gekaufte Tabak umweltschonend und nachhaltig angebaut wird. Wir betrachten dies als Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung.“ Die Realität, das weiß nicht nur Aaron S. Mganim, sieht oft anders aus…
Stand: 12.06.2003