Damit die CTA-Teleskope ihre Arbeit möglichst effizient werden verrichten können, leistet das Konsortium seit mehr als zehn Jahren Vorarbeiten für den Bau der Anlage. Wenn alles nach Plan läuft, können ab Sommer 2018 die ersten Teleskope errichtet werden. Im Betrieb werden sie riesige Datenmengen aufzeichnen, die teilweise noch vor Ort ausgewertet werden. An den Algorithmen für diese Realtime-Analyse arbeiten die Bochumer und Dortmunder Teams.
Es geht um Sekunden
Diese Datenanalyse wird es dem Cherenkov Telescope Array ermöglichen, mit anderen Observatorien effizient zusammenzuarbeiten. Teleskope an verschiedenen Standorten weltweit sind auf Teilchen mit unterschiedlichen Energien spezialisiert und können so über dieselbe Quelle unterschiedliche Informationen zusammentragen. Dazu tauschen sich die Observatorien untereinander aus, wann und wo etwas Interessantes zu beobachten ist.
„Gammaquellen können ihr Verhalten plötzlich und unerwartet ändern“, weiß Lenka Tomankova, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bochumer Lehrstuhl Plasma-Astroteilchenphysik. Das kann innerhalb von Sekunden oder Minuten passieren. Um solche Veränderungen nicht zu verpassen, will das CTA-Team die aufgezeichneten Daten kontinuierlich in Echtzeit auswerten. „Natürlich nicht super präzise, sondern erst einmal möglichst schnell“, erklärt Tomankova. „Wenn wir feststellen, dass etwas Interessantes passiert, alarmieren wir andere Observatorien.“
Neue Quellen im Visier
Da das CTA über eine etwa zehnmal höhere Sensitivität als die bisherigen Observatorien verfügen wird, wird es nicht nur einzigartig detaillierte Beobachtungen von bereits bekannten Quellen liefern, sondern auch neue Quellen orten können. „Es könnte sein, dass wir unsere Teleskope auf eine bekannte Gammaquelle gerichtet haben, durch die Realtime-Analyse aber auffällt, dass in unserem Blickfeld noch etwas anderes Spannendes passiert“, erzählt Tomankova. „Zum Beispiel, dass wir eine neue Quelle entdeckt haben oder ein Objekt im Flare-Zustand, also einen kurzfristigen massiven Energieausbruch, beobachten.“
In die Algorithmen, die Lenka Tomankova für das CTA entwickelt, fließt die jahrelange Erfahrung der Bochumer Astroteilchenphysiker bei der Modellierung von Gammaquellen ein – ein Spezialgebiet von Julia Tjus, das sie zusammen mit dem Bochumer Physiker Reinhard Schlickeiser bearbeitet hat. Für die Modelle entwickelten sie analytische und numerische Lösungen mathematischer Gleichungen, die die Bewegung der beschleunigten Teilchen von ihrem Entstehungsort durch die kosmischen Magnetfelder beschreiben.
Indem man solche Modelle in die Realtime-Analyse einbezieht, kann man aus den gemessenen Signalen erste Rückschlüsse über die möglicherweise dahinter steckende Quelle ziehen und Änderungen in ihrem Verhalten gezielt identifizieren.
Julia Weiler / RUBIN, Ruhr Universität Bochum
Stand: 01.06.2018