80 bis 100 Meter Breite und acht oder mehr Meter Höhe – moderne Deiche sind gewaltige Bauwerke, die nur noch wenig mit den ersten Versuchen der Menschen gemein haben, die Wassermassen bei einer Sturmflut aufzuhalten.
Als Bemessungsgrundlage für die Deichanlagen heute gelten die Höchstwasserstände, die durch die astronomische Tide, den Windstau, eine Fernwelle und Oberflächenwellen verursacht werden. Auch der vorhergesagte Meeresspiegelanstieg fließt in die Planungen mit ein.
Deichaufbau
Der Deich selbst besteht aus einem Sandkern, auf den eine meterdicke Schicht aus Klei, einem schweren, tonigen Boden aufgetragen wird. Als Abschluss des Bauwerkes dient eine dichte Grasdecke, die verhindert, dass der Boden durch Wind und Wasser abgetragen wird. Lebende „Rasenmäher“ in Form von Schafen sorgen, wenn der Deich fertig ist, dafür, dass die Grasnarbe nicht zu lang wird und sich der Boden verfestigt.
Die meisten Deiche sind auf der Seeseite extrem flach, um den Brandungswellen viel von ihrer überschäumenden Wucht und Energie zu nehmen. Die Deichbasis wird dort zusätzlich mit Steinen oder Beton geschützt. Auch die Böschungen auf der Landseite steigen meist nur relativ sanft an, damit überschwappendes Wasser keine größeren Erosionsschäden anrichten kann.
Die Deiche sind jedoch keineswegs so homogen wie man vermuten könnte. Fast überall gibt es zahlreiche Öffnungen, die so genannten Siele, die einen Wasseraustausch zwischen Land und Meer ermöglichen. Bei Hochwasser oder Sturmfluten bleiben sie fest verschlossen, damit das Meerwasser nicht eindringen kann. Bei Ebbe jedoch wird das Land hinter dem Deich über die nun offenen Siele entwässert.
Deich ist nicht gleich Deich
Wenn ein neue Deichanlage entstehen soll, muss dieser Deich“prototyp“ im Rahmen der Planungen an die unterschiedlichen Bedingungen vor Ort angepasst werden. Küstenverlauf und -morphologie werden dabei genauso berücksichtigt, wie die lokal unterschiedlichen Höchstwasserstände. Das Bollwerk wird dem zu schützenden Küstenabschnitt dabei quasi „auf den Leib“ geschnitten.
Im Vergleich zur Nordsee sind die Deiche an der Ostsee wegen der fehlenden Gezeiten im Durchschnitt erheblich niedriger und auch schmaler. Schutzdünen und Wälder im Vorland fangen hier zudem bereits vor dem eigentlichen Deich die Energie der Sturmfluten ab und ergänzen das Schutzsystem.
Gefährlich wird es für die modernen Deiche – egal ob an Nord- oder Ostsee – heute, wenn sie bei einer schweren Sturmflut überströmt werden oder wenn Wellen über sie hinwegschwappen. Fast alle Deichbrüche entstehen dadurch, dass das eingedrungene Meerwasser den Boden von der Rückseite her aufweicht und abträgt. Ist der Deich bei einer Sturmflut erst einmal marode geworden, ist das totale Versagen, ein Deichbruch, oft nur noch eine Frage der Zeit.
Teurer „Luxus“?
Der Schutz von Mensch und Natur vor Sturmfluten durch Deiche ist in Deutschland ein notwendiger, aber extrem teurer „Luxus“. Von 1962 bis zum Jahr 2000 haben Bund und Länder in Deutschland viele Milliarden Euro für die Erneuerung und Verbesserung des Deichsystems und anderer Maßnahmen ausgegeben. Kein Wunder, wenn man bedenkt dass der Bau von zehn Meter neuem Deich in heimischen Gefilden mindestens 30 oder 40.000 Euro kostet. Und auch jetzt fließen in Deutschland noch jährlich mindestens hundert Millionen Euro in diese Form des Küstenschutzes an Nord- und Ostsee. Der Bau von Sperrwerken wie in der Region Greifswald ist darin nicht einmal enthalten.
Stand: 20.04.2002