In Chehrābād hat das Projektteam mittlerweile mit Baggern ein etwa 60 Meter langes und 35 Meter hohes Profil ausgegraben. Diese Wand liefert einen Querschnitt durch alle übereinander liegenden Grabungsschichten. „In Österreich haben wir dafür 20 Jahre gebraucht“, erzählt der Bochumer Archäologe, „im Iran haben wir das Profil in drei Kampagnen von jeweils ein paar Wochen Dauer zum Teil mit maschineller Hilfe gegraben.“
Tote aus dem alten Perserreich
Neben den Mumien fanden die Forscher viele gut erhaltene Kleidungsstücke, Gefäße – teils noch mit Nahrungsmittelresten – und Holzgeräte. Laut offizieller Zählung wurden sechs Leichen aus dem alten Bergwerk geborgen. Aber die Forscher ermittelten bereits, dass noch Teile von zwei weiteren Toten in den Funden enthalten sind.
Drei der bereits gefundenen Körper stammen aus der Achämenidenzeit, also aus der Zeit des ersten persischen Großreichs, das vom 6. Jahrhundert bis in das späte 4. Jahrhundert vor Christus andauerte. Persien reichte damals von Ägypten und Griechenland über Mesopotamien und Zentralasien bis nach Pakistan. Durch dieses Reich wurde ersten Mal in der Geschichte der gesamte Vordere und Mittlere Orient unter einer Herrschaft vereint.
Der verschüttete Junge
Als spektakulärsten Fund bezeichnet Thomas Stöllner die sogenannte Mumie Nummer vier: ein 15- bis 16-jähriger Junge, der im Bergwerk als Arbeiter tätig gewesen war. Zwischen 405 und 380 vor Christus – so rekonstruierten die Bochumer Forscher zusammen mit Kollegen aus Oxford mittels der Radiokarbon-Datierung – stürzten Teile des Bergwerks ein, möglicherweise ausgelöst durch ein Erdbeben. Dabei kamen mindestens zwei weitere Menschen ums Leben.
„Wir sind an unserer Grabungsstätte quasi direkt am Ort des Geschehens“, erzählt Thomas Stöllner. „Wir sehen die Salzblöcke, die auf den Jungen gefallen sind und ihn erschlagen haben. Wir wissen um eine zweite Person, die noch ihren Rucksack trägt, weggelaufen ist und dann ebenfalls erschlagen wurde. Die dritte ist leider unklarer in ihrer Fundlage, weil sie schon 2004 beim Salzabbau ohne archäologische Begutachtung geborgen wurde.“
Julia Weiler/ RUBIN, Ruhr-Universität Bochum
Stand: 30.11.2018