Medizin

Tödliches Reservoir Vogel

Pandemien durch Rekombination mit Vogelgrippeviren

China, 1957. In ländlichen Regionen leben Menschen in enger Gemeinschaft mit Schweinen und Hausgeflügel wie Enten, Hühnern und Tauben. Und genau hier geschieht es: Es kommt zu einer Doppelinfektion mit einem Vogelgrippe und einem Menschengrippevirus. Beide tauschen Genteile aus, die neue Variante Influenza A /H2N2 entsteht.

Treibhausgas-Emissionen © SXC

Durch diese Rekombination erwirbt das ursprüngliche menschliche Grippevirus auch Gene, mit denen sein Hauptwirt bisher nicht in Berührung gekommen ist. Das menschliche Immunsystem ist daher auf den Angriff vollkommen unvorbereitet. Zudem ist die Influenza dieses Typs besonders leicht übertragbar. Mit fatalen Folgen: Die Krankheit breitet sich rasend schnell unter den Chinesen aus. Durch chinesische Flüchtlinge gelangt sie auch nach Hongkong und von dort per Flugzeug in alle Welt.

Diese „Asiatische Grippe“ wird zur zweitschlimmsten Influenza-Pandemie des 20. Jahrhunderts. Bis zu zwei Millionen Menschen fallen ihr zum Opfer. Nach der Hauptwelle im Winter 1957/58 scheint die Pandemie zunächst vorüber zu sein. Doch das Virus ist nicht tot. Ganz im Gegenteil. Zwei Jahre nach dem ersten Ausbruch werden die USA erneut von H2N2 heimgesucht, wieder sterben tausende. Auch in anderen Gegenden der Welt ereignen sich immer wieder neue Ausbrüche, die Seuche will einfach nicht enden.

Das Blatt wendet sich erst 1968. Dann aber nicht zum Besseren. Denn das bisherige H2N2-Virus wird nun durch einen neuen Subtyp abgelöst. Diesmal ein H3N2. Es ist ebenfalls durch ein Reassortment entstanden, wieder war die Vogelgrippe mit im Spiel. Ein H3-Vogelvirus mit unbekanntem N-Typ hat sich mit dem bisherigen H2N2-Erreger verbunden.

Viren der Hongkong-Grippe © CDC

Wieder resultiert dies in einem Virus, das als „Hongkong-Grippe“-Pandemie um die Welt rast. In Europa beginnt es mit einer sehr milden ersten Welle im Januar bis März 1968, gefolgt von einer sehr viel schwereren im darauffolgenden Winter. Wieder erkranken tausende, viele sterben. In Deutschland sind es 30.000 Tote, weltweit rund eine Million. Diesmal allerdings ist der neue Influenza-Stamm seinem Vorgänger zumindest in einigen entscheidenden Merkmalen ähnlich genug: Menschen, die bereits an der Asiatischen Grippe erkrankt waren, besitzen eine Teilimmunität, bei ihnen verläuft die Influenza extrem mild.

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Nadja Podbregar
Stand: 29.05.2009

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Influenza
Alter Feind in neuem Gewand

Eine neue Influenza taucht auf
Die ersten Fälle der neuen Schweinegrippe

Auf dem Weg zur Pandemie
Ein Virus macht mobil

Acht Genpakete mit tödlichem Potenzial
Der genetische Aufbau des Influenza A-Virus

Von der klassischen Schweinegrippe zum neuen Virus
Dreifacher Genaustausch im Schwein

Tödliches Reservoir Vogel
Pandemien durch Rekombination mit Vogelgrippeviren

Die Fortsetzung von 1918
H1N1 gab es schon einmal

Was tun gegen die neue Influenza?
Grippemittel, Gendrift und die Impfstofffrage

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