Katzen tun es, Affen tun es, Hunde wahrscheinlich auch – sie träumen. Aber was träumen sie? Und wie? Träumt die Katze wirklich von der Mäusejagd, wenn sie im Schlaf mit den Pfoten zuckt und die Augen schnell hin und her bewegt? Sind das leise Winseln und Knurren, das der schlafende Hund ausstößt, tatsächlich ein schwacher Spiegel seiner Traumerlebnisse?
Die Antwort lautet: vielleicht. Da Tiere nicht von ihren Träumen berichten können, können Schlafforscher diese Frage nur indirekt durch Beobachtungen und Messungen des Schlafverhaltens erforschen. Immerhin scheint es gesichert, dass bis auf wenige Ausnahmen alle Säugetiere und viele Vögel einen Teil ihrer Schlafzeit im REM-Schlaf verbringen – der Schlafphase, in der wir Menschen am lebhaftesten träumen. Der REM-Anteil liegt bei den meisten zwischen zehn und 25 Prozent, bei Jungtieren ist er, ähnlich wie beim Menschen, deutlich höher.
Reden und Kämpfen im Schlaf
Aber bedeutet REM-Schlaf auch Träumen? Zumindest bei Affen scheint es so zu sein: Das Gorillaweibchen Koko, der man die Gebärdensprache beigebracht hatte, „unterhielt“ sich manchmal im Schlaf – sie gebärdete.
Und auch Katzen erleben offensichtlich so einiges im Traum: Der französische Schlafforscher Michel Jouvet verhinderte in einem Experiment an Katzen die Muskellähmung während des REM-Schlafs. Das Ergebnis war verblüffend: Die Tiere begannen, die komplexesten Verhaltensweisen und typische Situationen auszuagieren. Sie buckelten, fauchten, liefen im Käfig umher, ihr Fell sträubte sich – sie verhielten sich, als ob sie gegen einen unsichtbaren Feind kämpften. Und während der gesamten Zeit schliefen sie so fest, dass weder Lichtblitze noch verlockend duftendes Futter sie aufwecken konnten.
Aber bedeutet das, dass auch die Kuh vom Gras der Weide, die Ratte von einer Scheune voller Vorräte, der Vogel von seinem letzten Flug träumt? Wahrscheinlich nicht. Zwar zeigen Hirnstrommessungen und bildgebende Verfahren, dass auch das Gehirn anderer Tiere im Schlaf Signale aussendet, die mit typischen Tätigkeiten oder Verhaltensweisen verknüpft sind.
So scheinen Ratten nach Labyrinthversuchen ihren Weg „als Trockenübung“ nachzuvollziehen und Zebrafinken im Schlaf ihr Gesangsrepertoire zu „üben“. Aber ob diese Gehirnaktivitäten auch bedeuten, dass die Tiere das Ganze tatsächlich „erleben“, weiß niemand.
Schlaf – seitenweise
Zuerst glaubten Lew Muchametow und seine Kollegen an einen Messfehler: Ihre EEG-Sensoren schafften es einfach nicht, ein einheitliches Wellenmuster für beide Gehirnhälften ihres Versuchstieres darzustellen. Registrierten sie rechts die typischen, langsamen Schlafwellen, zeigten sie gleichzeitig links alle Anzeichen für aufmerksames Wachsein: niedrige aber schnelle Wellenmuster. Ihr Proband, ein Delfin, schwamm derweil immer im Kreis in seinem Becken herum – und zeigte damit sein arttypisches Schlafverhalten.
Die Erklärung für die rätselhaften Befunde war schließlich ebenso naheliegend wie erstaunlich: Delfine schlafen tatsächlich immer nur mit einer Gehirnhälfte. Die Ursache dafür liegt in der speziellen Steuerung ihrer Atmung: Während bei uns Menschen und den meisten anderen Tieren sowohl ein willkürliches als auch ein unwillkürliches Atemzentrum dafür sorgen, dass wir immer genug Sauerstoff erhalten, atmet der Delfin willkürlich. Deshalb muss auch sein Atemzentrum im Gehirn immer ein Mindestmaß an Nervenaktivität ausweisen. Als Muchametow einige seiner Delfine mithilfe eines Schlafmittels zu einem beidseitigen Schlaf zwang, drohten diese tatsächlich zu ersticken.
Einen ähnlichen Halbseitenschlaf hat man mittlerweile noch bei einer Robbenart und sogar bei Enten entdeckt: Auch diese können bei Bedarf mit nur einem Auge schlafen. Das Träumen allerdings scheint mit dieser Art von Arbeitsteilung eher unvereinbar – typische REM-Schlafmuster fehlen bei diesen Tierarten…