Wenn Eltern oder Großeltern eine traumatische Erfahrung gemacht haben, kann das auch Auswirkungen auf das Leben der nachfolgenden Generationen haben. Das legen mehrere Studien nahe. Die Forschung zur transgenerationalen Weitergabe von Traumata ist zwar noch vergleichsweise jung. Dennoch konnten Forschende bereits verschiedene Mechanismen der Trauma-Weitergabe identifizieren.

In die Wiege gelegt
Eine Forscherin, die sich schon seit den 1980er Jahren mit der Weitergabe von Traumata über Generationen hinweg beschäftigt, ist Yael Danieli von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai. Bei Holocaust-Überlebenden hat sie zum Beispiel vier Anpassungsstile beobachtet. Einer davon ist der „Opfer“-Anpassungsstil. Damit sind Betroffene gemeint, die Schwierigkeiten haben, das Trauma zu überwinden, und deswegen emotional instabil und überfürsorglich sind. „In den Familien der Opfer herrschten Depressionen, Sorgen und Misstrauen vor“, erklärt Danieli in einem Interview mit Reform Judaism. „Den Kindern wurde beigebracht, Menschen, insbesondere Autoritätspersonen, außerhalb des Familienkreises zu misstrauen.“
Eltern mit diesem Anpassungsstil versuchen, ihre Kinder vor jeglichen negativen Erfahrungen und möglichen Gefahren zu schützen. Dabei nehmen sie solche negativen Erlebnisse oft bedrohlicher wahr als sie eigentlich sind und verhindern so, dass ihre Kinder wichtige, die Selbstständigkeit fördernde Erfahrungen machen können.
Ein weiterer Anpassungsstil, den Danieli bei Holocaust-Überlebenden beobachtet hat, ist der „betäubte“ Typ. Diese Betroffenen reden mit ihren Angehörigen nicht über ihre Vergangenheit und sind emotional distanziert. Sie wirken dadurch gefühlskalt. Ihre Kinder lernen von ihnen, dass über emotionale oder schwierige Themen nicht gesprochen wird, und bauen meist keine große emotionale Nähe zu ihnen auf. „Die Kinder solcher Familien waren oft zu verängstigt, um sich vorzustellen, was zu einer solchen Einengung und Leblosigkeit bei ihren Eltern geführt haben könnte“, sagt Yael Danieli.