Es klingt paradox, doch nah am Pol der Unzugänglichkeit gedeihen Chinas süßeste Trauben, getrocknet zu den edelsten Rosinen Asiens. Der Weg dorthin jedoch führt durch eine Landschaft wie geschaffen von übellaunigen Demiurgen. Man kann sich geradezu vorstellen, wie sie nach halb getaner Arbeit hoch oben Ausguck auf dem Altai oder im Tian Shan-Gebirge Ausguck nahmen, um sich feixend zu vergnügen: „Mal sehen, wie weit sie kommen.“

Die nicht enden wollende Eintönigkeit kann das Gemüt verdunkeln, die Vorstellungskraft muss das Äußerste leisten, um ein Ende der grauen Geröllwüste ins Bild zu rücken. Selbst das strahlende Blau des Himmels ist eintönig, die Luft so trocken wie Papier. Dennoch war diese Gegend schon immer wichtige Durchgangsstation für Reisende und Händler, denn sie liegt an der Seidenstraße – der schon im Altertum wichtigen Verbindung zwischen Ost und West. Der nördliche Zweig dieser Handelsroute führt über mehrere Oasenstädte, die wie Perlen an einer Schnur aufgereiht am Gebirgsfuß liegen.
Tor zur Welt und Weg nach China
Sie kamen weit, und sie kamen von weither. Tatsächlich war jeder einmal irgendwann in der Gegend, sogar die Türken vor langer Zeit. Aus dem Norden kamen die Hunnen, aus dem Osten die Han-Chinesen, um Kontrolle zu gewinnen über die heute unwirtliche Gegend. Aus chinesischer Sicht war immer wichtig, wer den Westen regierte. Für sie war er das Tor zu den anderen Welten, für die aus dem Westen war es der Weg nach China und zu seinen Schätzen.
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