Dass Sand zur gefährlichen Falle wird und Menschen, Autos oder gar Häuser zumindest teilweise verschlingen kann, ist kein Klischee. Treibsand heißt das beängstigende Phänomen, das zugegebenermaßen nicht allzu häufig auftritt.
Nasser Sand ist prinzipiell fester und stabiler als trockener. Sandburgen zu bauen, wäre sonst nicht möglich. Ist jedoch Sand bis zu einem bestimmten Grad mit Wasser gesättigt, dann nimmt das Sand-Wasser-Gemisch die Eigenschaften einer Flüssigkeit an. Die Körner entfernen sich voneinander, Wasser dringt in die Hohlräume ein, die Körner verlieren den Zusammenhalt. Das Sand-Wasser-Gemisch ist etwa zwei bis sechs Mal dichter als Wasser, aber es trägt kein Gewicht.
Bei einer Erschütterung, sei es durch ein Erdbeben oder indem man versucht, den Treibsand im Auto zu überqueren, lösen sich die Kontakte der locker gepackten Sandkörner und sie beginnen, frei zu schwimmen. Das ist der Moment, in dem Mensch, Tier oder Maschine einsinkt wie im Wasser. Bewegt man sich allerdings langsam, lässt sich der Treibsand unter Umständen auch zu Fuß überqueren. Ebenso kann man sich darin treiben lassen. Nur schnelle Bewegungen wirken wie Schockwellen auf das Gemisch. Die Sandpartikel verfestigen sich dann unter Umständen zu festen Packungen, aus denen es kein Entrinnen ohne Hilfe gibt.
Bisher glaubte man, dass Treibsand nur zusammen mit Wasser entstehen kann. Das Einsinken in trockenem Treibsand galt als Schauergeschichte Made in Hollywood. Doch jetzt haben Wissenschaftler von der Universität Trente in der Niederlande mit einem Tischtennisball nachgewiesen, dass das plötzliche Einsinken eines Menschen im Wüstensand durchaus realistisch sein könnte.
Mit einer Düse pumpten die Wissenschaftler Luft in ein Sandgefäß. Statt der üblichen 60 Prozent hatte die Sandpackung danach nur noch eine Dichte von 41 Prozent. Der Sand wurde also ziemlich aufgelockert. Danach setzten die Physiker den mit Bronzepartikeln gefüllten Tischtennisball an einem Faden auf den Sand und verbrannten dann den Haltefaden.
Kaum hatte der Tischtennisball seinen Halt verloren, verschwand er im plötzlich Sand. Hundert Millisekunden später spritzte eine kleine Sandfontäne empor, gefolgt von einer mit nach oben gesaugten Luftblase. Erst in 20 Zentimeter Tiefe fanden die Wissenschaftler ihren ersten Versuchsball wieder. Bei weiteren Versuchen stellten sie fest, dass der Ball um so tiefer eindrang, je schwerer er war.
Dass trockener Dünen-Sand für einen Menschen gefährlich wird, halten die Wissenschaftler durchaus für möglich. Wenn in der Wüste sehr feiner Sand vom Wind aufgewirbelt und woanders abgelagert würde, könnten ähnliche Bedingungen entstehen wie bei ihnen im Labor, nur in größerem Maßstab. So groß, dass auch ein Mensch der Länge nach verschwinden könnte.
Stand: 24.11.2006