12. April 1961, gegen 10:50 Uhr. 7.000 Meter über der Erdoberfläche beginnt Wostok-1 mit den Landevorbereitungen. Der Hauptfallschirm öffnet sich und bremst die Kapsel ab. Sekunden später wird die Luke abgesprengt und Gagarin mit seinem Schleudersitz aus der Kapsel katapultiert.
Lebt er?
Zur gleichen Zeit, tief unter ihm, telefoniert Koroljow mit Chruschtschow und meldet: „Der Fallschirm hat sich geöffnet, er landet!“. Chruschtschow fragt aufgeregt zurück: „Lebt er? Sendet er Signale? Lebt er?“ Währenddessen hat sich Gagarin gerade vom Sitz getrennt und sinkt an seinem Fallschirm langsam in Richtung Boden. Die Gegend unter ihm kommt ihm dabei sehr bekannt vor:
„Ich erkannte die Bahnlinie, eine Bahnbrücke über den Fluss und einen langen Streifen Land in die Wolga hineinreichend. […] Ich landete in Saratov.“ In diesem Gebiet hatten die Kosmonauten zuvor zahlreiche Trainingssprünge absolviert. Kurz vor 11:00 Uhr setzt Gagarin in einem Feld nahe dem Dorf Smelowka auf, braucht aber noch gut fünf Minuten, um sich aus dem Raumanzug zu befreien. „Ich stieg einen kleinen Hügel empor und sah eine Frau mit einem Kind auf mich zulaufen. Ich ging zu ihr und fragte, wo ich ein Telefon finden könnte“, so Gagarin. Sein größtes Anliegen ist es jetzt, seine erfolgreiche und wohlbehaltene Landung zu melden.
Letzter großer Triumpf für Koroljow
Als die gute Nachricht in Tjuratam eintrifft, ist Sergej Koroljow wie gelöst, alle Spannung ist abgefallen. Dieser Moment ist für ihn Erleichterung und Bestätigung zugleich: Gegen alle Widerstände hat er es geschafft, den ersten Menschen in den Weltraum zu schicken. Und dies nicht nur auf einer einfachen ballistischen Bahn, wie es die Amerikaner planten, sondern sogar in eine echte Umlaufbahn.
In den Folgejahren arbeitet Koroljow an der Entwicklung der sowjetischen Mondrakete N-1, stirbt jedoch 1966 während einer Operation an Herzschwäche. Mit seinem Begräbnis erst wird auch im Westen seine Rolle für die sowjetische Raumfahrt bekannt.
Den knappen Verlierer vergisst die Geschichte
Für seinen langjährigen Kontrahenten Wernher von Braun in den USA ist der 12. April 1961 dagegen ein bitterer Tag. Er hat den Wettlauf ins All verloren. Dass dies nur knapp geschah, interessiert jetzt niemanden mehr. Denn der Russe Juri Gagarin wird von nun an in den Geschichtsbüchern stehen, nicht der Amerikaner Alan Shepard, der am 5. Mai 1961 mit der Mercury-Redstone 4 als zweiter Mensch das Weltall erreicht. Der erste Astronaut in einem Orbit gelingt den USA allerdings erst im Februar 1962, knapp ein Jahr nach Gagarins Flug, mit John Glenn.
Gagarin selbst bleibt Kosmonaut, wird aber in den nächsten Jahren auf Propaganda-Reisen rund um die Welt geschickt. Am 27. März 1968 stirbt er unter ungeklärten Umständen, als bei einem Übungsflug sein Kampfflugzeug abstürzt.
Nadja Podbregar