Die ozeanischen Zirkulationsmuster wurden in der Cenomanzeit nicht wie heute durch kalte Tiefenwässer getrieben, die sich bei Island und bei etwa 70° Süd am Rande der Antarktis bilden. Da Polkappenvereisungen fehlten, müssen wir von sehr trägen Ozeanströmungen ausgehen. Die fehlende Zirkulation verursachte vermutlich das Sauerstoffdefizit in den Ozeanbecken. Das ständig auf die Ozeanböden herabrieselnde organische Material, im Wesentlichen einzellige Schwebalgen, wurde nicht mehr abgebaut.
Erste Untersuchungen zur detaillierten Rekonstruktion des kreidezeitlichen Klimas wurden im Mai 2006 an den organischen Verbindungen (Archaebakterien) der kohlenstoffreichen Lagen der Bohrkerne in Kooperation mit dem Ozeanographischen Institut in Texel (Holland) durchgeführt. Der Aufbau bestimmter Kohlenwasserstoffmoleküle in den Membranen von Archaebakterien ist abhängig von der Wassertemperatur; diese stellen somit ein Paläothermometer dar.
Die Untersuchungen belegen für Wunstorf unerwartet hohe Oberflächenwassertemperaturen von 34°C – mit Temperaturen über 30°C hatte die Forschung zuvor nicht gerechnet. Bei einer damaligen Breitenlage von etwa 40° Nord für die erbohrten Ablagerungen – heute nach Kontinentalplattenverschiebung etwa 52° Nord – ergeben sich damit tropische Klimaverhältnisse für Nord-Deutschland in der Cenomanzeit. Zum Vergleich: Die mittleren Oberflächenwassertemperaturen in der heutigen Nordsee schwanken von 6°C im Winter bis 16°C im Sommer.
Als Tropen wird heute die Region bezeichnet, die durch den nördlichen (23,5° Nord) und den südlichen Wendekreis (23,5° Süd) begrenzt wird, und in der die Sonne mindestens einmal im Jahr im Zenit steht. Dieser Bereich ist durch höhere tageszeitliche und geringere jahreszeitliche Temperaturschwankungen gekennzeichnet, Jahreszeiten sind nicht entwickelt.
Stand: 27.04.2007