Wer an Bord einer Fähre über die Nordsee schippert oder als Urlauber eine Kreuzfahrt in der Karibik unternimmt, ahnt nicht, welche gigantischen Kräfte in den Tiefen des Meeres schlummern können. Oft ist das Meer ruhig und glatt und nichts deutet auf eine drohende Gefahr hin.
Unter bestimmten Bedingungen jedoch kann sich das Meer in ein tobendes Inferno verwandeln und Wellen mit großer Zerstörungskraft gebären. Gefürchtet sind vor allem im Pazifischen Raum die bis zu 40 Meter hohen Riesenwellen, die auf das Konto von Vulkanausbrüchen, Seebeben oder Meteoriteneinschlägen gehen.
Diese Tsunamis breiten sich mit Geschwindigkeiten von 700 Kilometer pro Stunde über die Ozeane aus und sind auf dem offenen Meer kaum zu spüren. Weder für Fischerboote noch für andere Schiffe stellen sie dort eine Gefahr dar. Geraten sie jedoch in flaches Wasser, türmen sie sich zu Monster aus Wasser auf und können ganz Küstenstriche verwüsten. Der Tsunami nach dem Ausbruch des Vulkans Krakatau im Jahre 1883 in der Sundastraße zwischen Java und Sumatra kostete beispielsweise 36.000 Menschen im Umkreis von 80 Kilometern das Leben. 295 Orte wurden im Verlauf der Katastrophe an den umliegenden Küsten vollständig zerstört.
Gezeitenwellen, die in erster Linie auf den Anziehungskräften von Mond und in geringerem Umfang auch der Sonne beruhen, können ebenfalls erstaunliche Ausmaße erreichen. Während bei diesem ewigen Wechsel zwischen Ebbe und Flut der Wasserspiegel an der Nordsee etwa um zwei bis vier Meter schwankt, beträgt der normale Tidenhub in einigen anderen Regionen der Erde wie der kanadischen Bay of Fundy jedoch stattliche 16 Meter. Bei einer Sturmflut steigen die Pegel noch einmal viele Meter über die durchschnittlichen Flutwasserstände und es herrscht Alarm am Deich.
Auch auf hoher See sind große Wellen keine Seltenheit. Wie bei Sturmflut ist es dort der Wind der seine Energie auf das Wasser überträgt und für den Seegang sorgt. Etwa ab einer Windstärke von 2 auf der Beaufort-Skala beginnt sich die Wasseroberfläche auf dem Meer zu kräuseln und erste kleine Wellen entstehen. In dem Maße wie die Brise stärker wird, nimmt auch die Größe der Wogen zu. Wie hoch die Meereswellen letztlich werden können, hängt von der Windstärke und der Dauer des Sturms ab. Ein lang anhaltender Wind mit Orkanstärke, der über große Wassermassen streicht, kann Brecher von 20 Meter Höhe produzieren.
Bis zu 40 Meter hoch, wie aus dem Nichts entstehend und als Brecher mit fürchterlicher Gewalt als zermalmend, was sich ihnen in den Weg stellt – solche Freak Waves, Monsterwellen oder Kaventsmänner, wie die Riesenwellen auch genannt werden, sind jedoch durch die Wirkung des Windes allein nicht zu erklären. Immer wieder jedoch sorgen sie in allen Meeren der Welt auf offener See für Angst und Schrecken bei Schiffsbesatzungen und den Teams von Offshoreanlagen.
Einige Meeresgebiete sind nach Angaben von Wissenschaftlern besonders für das Auftreten von Monsterwellen prädestiniert. Neben dem berüchtigten Agulhas Strom vor der Südostküste Südafrikas gehören auch der Golf von Alaska, die Küstenmeere vor Florida und die See südöstlich von Japan zu den gefährlichsten Freak Wave Revieren. Und selbst die Nordsee hat in Sachen Riesenwellen einiges zu bieten. Wie Laserdaten ergaben, wurde die Draupner-Plattform des Ölmultis Statoil am 1. Januar 1995 beispielsweise von einem Brecher „gerammt“ der 26 Meter von der Spitze des Wellenkamms bis zum Grund des Wellentals maß.
Stand: 04.11.2002