Die monotone Graslandschaft, die manchem als Einöde vorkommen mag, stellt sich bei näherer Betrachtung als hoch differenziertes und anspruchsvolles Ökosystem dar. Pro 100 Quadratmeter können hier bis zu 150 verschiedene Gräser wachsen, Insgesamt umfasst die Steppenflora mehr als 1.500 verschiedene Pflanzenarten. Bei mehr als 2.000 Kilometern Breite von Nord nach Süd, haben sich aufgrund der zu den Wüstengebieten im Süden hin abnehmenden Niederschlagsmengen unterschiedliche Steppentypen mit typischen Pflanzengesellschaften entwickelt.
Waldsteppe
Im Süden Russlands, in der Ukraine, im nördlichen Kasachstan und in der Mongolei finden sich Reste der so genannten Waldsteppe. Etwa zehn Millionen Hektar gibt es laut WWF davon noch. Zum Vergleich: den Anteil der Grassteppen in Zentralasien beziffert der WWF mit etwa 120 Millionen Hektar.
Die Waldsteppe ist der Übergangsbereich zwischen Taiga und Grasländern. Die reichhaltigeren Niederschläge sorgen hier dafür, dass vor allem Pappeln, Birken und Kiefern noch ausreichend Wasser finden. Die Bäume wachsen in mehr oder weniger großen inselartigen Flecken, die die Waldsteppe zu einem abwechslungsreichen Lebensraum für Säugetiere, Vögel und Amphibien machen.
Grassteppe
Südlich der Waldsteppe schließt sich die Langgrassteppe an, die von den bis zu einem Meter hoch wachsenden Federgräsern geprägt wird. In der Kurzgrassteppe dominiert der Schwingel. Die Tulpenblüte im Frühjahr nach der Schneeschmelze ist für diese mittlere Grassteppenzone legendär. Tulpen stammen ursprünglich aus Zentralasien. Sie sind an das Klima optimal angepasst und brauchen frostige Winter und kalte Nächte, um die Steppe jedes Jahr aufs Neue in ein Meer aus gelben, weißen, roten und violetten Blüten zu verwandeln.
Krautsteppe
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Die noch weiter südlich gelegene Krautsteppe ist bereits im trockenen Halbwüstenklima beheimatet. Hier herrscht das Graugrün von mehreren Dutzend Artemisia-Arten vor, die die Steppe nach Beifuss und Wermut duften lassen. Typisch für diese südlichsten Steppenart sind auch die so genannten „Steppenroller“. Bei der Verbreitung ihrer Samen setzen diese Pflanzen auf die stets über die Ebene fegenden Winde. Die Samen befinden sich in diversen, stets runden Fruchtständen, die eine „Sollbruchstelle“ am Stengel haben. Bei starkem Wind brechen die Fruchtstände ab und rollen über die offene Steppe, wobei die Samen nach und nach herausspringen.
Typisch baumlos
Weshalb die „typische“ Steppe baumlos ist, hat Wissenschaftler einige Zeit lang beschäftigt. Denn grundsätzlich gilt, dass vor allem die Böden der Wiesensteppen sehr fruchtbar sind. In den Grassteppen fallen pro Jahr mehr als 20 Tonnen Pflanzenmaterial pro Hektar an. Murmeltiere, Zieselmäuse und andere Bodenwühler sorgen ständig für einen Umbruch des Bodens. Weil relativ wenig organisches Material im Boden mineralisiert wird, haben die Steppenböden deshalb einen ungewöhnlich hohen Humus-Gehalt.
Doch bei Experimenten hat man festgestellt, dass die Konkurrenz der Gräser, die mit ihren Wurzeln den Boden tief durchdringen, für Baumsprösslinge zu groß ist. Außerdem werden die Steppen regelmäßig von teilweise mehrere Jahre andauernden Dürren heimgesucht. Steppenbrände, meist im Spätsommer, gehören ebenfalls zur Regel. Die Toleranz von Bäumen solchen Bedingungen gegenüber ist gering. So haben sich die Gräser als optimale Vegetation für die Steppengebiete bewährt.
Stand: 10.06.2005