Biotechnologien

Tumore, Knochenbruch und Herzschäden

Die Schattenseite des Gendopings

Doping bleibt nicht ohne gesundheitliche Folgen für die Athleten, das ist lange bekannt. Vor allem viele DDR-Sportler tragen die Spuren des in den 1970er und 1980er Jahren systematisch durchorganisierten Dopings noch heute in sich. Viele Frauen wurden aufgrund der männlichen Hormone unfruchtbar, Männliche Athleten leiden an krankhaft vergrößertem Herzen und anderen körperlichen Folgen. Aber wie ist das beim Gendoping? Ist der Eingriff ins Erbgut vielleicht „natürlicher“ und damit unschädlicher?

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Basis für das Gendoping sind in der Regel Mittel und Methoden aus der die Gentherapie. Doch diese Verfahren, beispielsweise die Nutzung von Viren als Genfähren, sind bis heute nur experimentell, kaum erprobt und werden – wenn überhaupt schon – nur bei sehr schwerwiegenden Erkrankungen eingesetzt. bereits im Jahr 2000 lagen der US-Gesundheitsbehörde 652 Berichte über schwere Komplikationen im Rahmen von gentherapeutischen Studien vor – darunter waren mindestens vier Todesfälle. Teilweise führten dabei die als Genfähre eingesetzten Viren zu übersteuerten Immunreaktionen, in andere Fällen traten schwere Blutungen auf oder neurologische Ausfälle.

Wenn Gene unkontrollierbar werden

Aber nicht nur die Verfahren und das Einschleusen von Gene oder Genblockern sind risikoreich, auch das An- oder Ausschalten der Gene kann einiges an unerwünschten Folgen auslösen. So sollen Manipulationen des Wachstumsfaktors IGF-1 das Muskelwachstum anregen. Der von diesem Gen produzierte Botenstoff fördert aber auch die Bildung und das Wachstum von Tumoren. „Studien zeigen, dass IGF-1 in 17 verschiedenen Tumorarten gefunden wurde. Die Manipulation dieses Gens kann daher auch das Risiko für Krebs und Tumore für die Sportler erhöhen“, berichten Forscher der Universität von Teheran 2011 in einer Studie zu den möglichen Nebenwirkungen.

Dopingklassiker Erythropoietin (EPO) © gemeinfrei

Und noch ist auch nicht klar, wie sich verhindern lässt, dass das Gendoping einfach über das Ziel hinaus schießt – oder schneller wirkt, als sich der Körper anpassen kann. Die Blockade des Myostatin-Gens beispielsweise soll die Muskeln stärken und wachsen lassen. „Aber eine Gefahr dabei ist, dass die Muskeln dabei über ihr natürliches Maß hinaus wachsen und so Bänder und Knochen überlasten und schädigen“, erklärt das iranische Forscherteam. Wachse die Muskelmasse zu schnell an, könnte es auch zu Fehlbildungen am Herzmuskel kommen und das Risiko für Herzinfarkte wachse. Vom I-Allel des ACE-Gens wisse man bereits, dass eine Gentherapie bei immerhin 0,5 Prozent der Patienten zu schwerwiegenden Ödemen und Gefäßfehlbildungen geführt habe.

Und vom Dopingklassiker EPO ist bekannt, dass das künstlich verdickte Blut das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte deutlich erhöht. Auch Thrombosen und Autoimmunreaktionen sind bereits aufgetreten. Diese Nebenwirkungen wären auch bei einer genetischen Manipulation des EPO-Gens zu erwarten.

Risiken sind kein Hindernis

Eigentlich sollte man meinen, dass eine solche Latte von schwerwiegenden Gesundheitsfolgen Sportler von Experimenten mit Gendoping abhalten müsste. Doch Experten halten diese Annahme für eher unrealistisch. „Athleten dopen sich schon seit fast 2.000 Jahren – trotz der Nebenwirkungen“, sagen Ali Fallahi und seine Kollegen. Daher müsse man davon ausgehen, dass zumindest einige bei ihrer Jagd nach den Medaillen auch die Risiken des Gendopings in Kauf nehmen würden.

Ähnliches zeigt auch eine Studie aus dem Jahr 2002, damals hatten Forscher Sportler nach ihrem Dopingverhalten befragt. Das Ergebnis: 98 Prozent der Athleten gaben an, sie würden verbotene Substanzen nutzen, wenn diese nicht nachweisbar wären und ihnen einen Erfolg garantierten. Immerhin noch 50 Prozent würde diese Substanz selbst dann anwenden, wenn sie dadurch nur fünf Jahre lang gewinnen, dann aber sterben würden…

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Nadja Podbregar
Stand: 26.07.2012

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gene, Doping und Medaillen
Kommt die genetische Manipulation im Sport?

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Welche Rolle spielen gute Gene für den sportlichen Erfolg?

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