Einen Teil seiner Energie verliert der anströmende Wind in unmittelbarem Kontakt mit der Erdoberfläche. Je stärker strukturiert die Oberfläche ist und je mehr Hindernisse sich dem Wind in den Weg stellen, desto größer ist der Energieverlust, da es an jedem Hindernis zur Bildung von Turbulenzen kommt.
Diese natürliche oder künstliche „Bremsung“ der Windenergie wird als Rauhigkeit bezeichnet und als relatives Maß für den Grad des Energieverlustes in Klassen eingeteilt. Stark gebremst wird der Wind über einer dichten, reich strukturierten Vegetationsdecke oder an größeren Hindernissen. Die glatte Betonoberfläche einer Startbahn hingegen setzt dem Wind ebenso wenig Widerstand entgegen wie eine abgeweidete Wiese. Im System der Rauhigkeitsklassen werden sie daher mit 0,5 bewertet. Am untersten Rand dieser Skala liegt die Wasseroberfläche. Ihr kommt die Klasse 0 zu.
In engem Zusammenhang mit der Rauhigkeit steht eine weitere negative Auswirkung auf die Energieausbeute – die Verluste durch Windscherung. Diese treten dann auf, wenn die Windgeschwindigkeiten über dem Boden erheblich größer sind als einige Meter über dem Boden. So können die Windgeschwindigkeiten, die an der obersten und der untersten Rotorspitze angreifen, beträchtlich differieren. Das führt zu Scherungen, zu Turbulenzen und einer auf Dauer kürzeren Lebenserwartung des Windrades.
Doch es gibt nicht nur Negatives bei der Standortwahl zu berücksichtigen. Einem Windrad, das zwischen zwei nicht zu steil abfallenden Hügeln platziert wurde, kann der sogenannte Tunneleffekt zugute kommen. Wie bei einer Luftpumpe trifft der Wind mit einer bestimmen Energie auf die Verengung und wird dort beschleunigt. Demzufolge durchströmt mehr Wind pro Zeiteinheit das Windrad und gibt dort seine Energie ab, als es da ohne die Verengung der Fall gewesen wäre. Wesentlich für die Wohlfahrtseffekte an einem solchen Standort ist die Weite oder Enge der Talsohle sowie die Steilheit der Hänge, da es sonst zu Turbulenzen und zu Reibungsverlusten durch die Rauhigkeit kommen kann. Durch geschickte Standortwahl in einem solchen Tunnel kann man weit höhere Windgeschwindigkeiten als in der Umgebung erzielen.
Auf einem Hügel oder einem Kamm ist ein Windrad meist gut aufgestellt. Ebenso wie vor einem natürlichen Tunnel werden vor dem Hügel die Luftmassen zunächst komprimiert – mit dem Resultat, dass sich die Strömungsgeschwindigkeit beträchtlich erhöht. Ist der Hügelkamm überschritten, kann sich die Luft wieder ausdehnen und sinkt in das Tiefdruckgebiet auf der Leeseite. Auch hier sind die Randparameter – Steilheit der Luvseite, Struktur und Bewuchs der Oberfläche – von entscheidender Bedeutung. Verluste durch Turbulenzen können die Gewinne durch die erhöhte Windgeschwindigkeit rasch wieder zunichte machen.
Stand: 06.04.2000