1952 entwarf der Brite Alan Turing in seinem Beitrag „The Chemical Basis of Morphogenesis“ ein mathematisches Modell, um zu erklären, wie der Leopard zu seinen Flecken beziehungsweise das Zebra zu seinen Streifen kommt. Turing war ein begnadeter Mathematiker. Bereits 1936 hatte er das theoretische Konzept einer Maschine entwickelt, die in der Lage ist, „jedes vorstellbare mathematische Problem zu lösen, sofern dieses auch durch einen Algorithmus gelöst werden kann“ – und nahm damit quasi den Computer vorweg.
Den Informatikern gilt er seither als Gründervater ihrer Disziplin. Bekannt wurde er jedoch vor allem, weil es ihm gelang, die Enigma zu knacken, jene Maschine, die das deutsche Militär im Zweiten Weltkrieg zur Verschlüsselung seiner Nachrichten nutzte. Seine Überlegungen zur Musterbildung in biologischen Systemen haben wesentlich zum Verständnis der Vorgänge vor allem in der Entwicklungsbiologie beigetragen.
Stoffe bleiben nicht im Gleichgewicht
In seinem Modell betrachtet Turing zwei Substanzen, die miteinander reagieren. Ein über kurze Entfernungen wirkender Stoff, der Aktivator, fördert seine eigene Produktion – was Chemiker als Autokatalyse bezeichnen – sowie die seines sich rasch ausbreitenden Gegenspielers, des Inhibitors. Die Konzentrationen beider Stoffe können sich in einem Gleichgewichtszustand befinden.
Dieser Zustand ist jedoch lokal instabil. Jede lokale Zunahme des Aktivators wird sich aufgrund der Autokatalyse weiter verstärken, allerdings nimmt damit auch die Menge an Inhibitor zu. Da sich der Inhibitor schneller ausbreitet und somit rasch von der Quelle des Aktivators entfernt, kann er den weiteren lokalen Anstieg des Aktivators nicht aufhalten, bremst aber dessen Autokatalyse in der Umgebung: Es bildet sich ein Hof um die Stellen, an denen der Aktivator gebildet wird. Auf diese Weise entsteht zum Beispiel ein Punktemuster.