Schaffe, schaffe, Häusle baue: Die Schwaben haben den Dreh raus. Obdachlose wiederum sind faule Penner. Apropos: Die Italiener, von Natur aus Frohgemüter, genießen la dolce vita auf Bunga-Bunga-Partys. Der Afrikaner an sich hat auch den Rhythmus im Blut, nimmt’s mit der Treue aber nicht so genau. Und Frauen, diese emotionalen, zartbesaiteten Geschöpfe, versagen als Führungskräfte.
Teil der Sozialisation
Willkommen im tiefen Sumpf der vorschnellen Urteile und unreflektierten Überzeugungen. Zugegeben, ein trostloser Ort. Nicht umsonst sprach Marc Aurel den weisen Rat aus: „Mache dich von deinen Vorurteilen los, und du bist gerettet.“ Was der römische Kaiser in seinem Aphorismus allerdings unter den Tisch fallen ließ: Keiner kann Vorurteile vermeiden.
„Sie sind ein großer Teil unserer Sozialisation“, sagt Karl Christoph Klauer, Professor für Sozialpsychologie an der Universität Freiburg. „Von unseren Eltern, Lehrern oder Freunden bekommen wir von klein auf Vorurteile mit, egal ob wir diese gutheißen oder nicht.“
Menschlich, aber nicht unabänderlich
Ob jemand also glaubt, Ausländer seien kriminell, Männer die besseren Autofahrer oder Veganer überprivilegierte Gesundheitsfanatiker: Solche Annahmen sind fest im menschlichen Langzeitgedächtnis verankert. „Das bedeutet allerdings nicht, dass wir ihr Spielball sind und nichts an unserem Wissen und Verhalten ändern könnten.“
Mit seinem Team erforscht der Psychologe seit vielen Jahren Vorurteile, etwa zu Alter, Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit – den drei wichtigsten und häufigsten sozialen Kategorisierungen der menschlichen Wahrnehmung. Was Klauer interessiert, sind allerdings nicht die Inhalte bestimmter
Vorurteile, sondern die Gesetzmäßigkeiten, die hinter ihnen stecken.
Universität Freiburg, uni’wissen, Rimma Gernenstein
Stand: 19.02.2016