Die eigentliche Studie des Schädels und die Analyse der Tomographie-Aufnahmen fanden später im Natural History Museum in London statt. Dabei zeigten sich viele Übereinstimmungen an den Zähnen, Kiefern und an der Schädelhöhle mit dem gigantischen Tyrannosaurus rex – obwohl Proceratosaurus rund 100 Millionen Jahre älter und auch sehr viel kleiner ist. So misst der Proceratosaurus-Schädel nur etwa ein Fünftel des Kopfes seines gewaltigen Nachfahren.
„Hänfling“ mit starkem Gebiss
Und das gesamte Tier wog vermutlich nur etwa bis zu 40 Kilogramm – verglichen mit bis zu acht Tonnen bei Tyrannosaurus. Weil der Schädel des Proceratosaurus bereits die typischen Merkmale seiner späten Nachfahren zeigt, war wohl auch bei dieser Spezies das kraftvolle Gebiss die wichtigste Waffe. „Vermutlich hat sich die Jagdstrategie zuerst entwickelt“, sagt Oliver Rauhut. „Die späteren Tyrannosaurier haben dann das Werkzeug perfektioniert, also die Stärke ihrer Schädel und Kiefermuskeln gesteigert – und insgesamt enorm an Größe gewonnen.“ Proceratosaurus zeigt aber auch, dass sich die Tyrannosauridae über eine sehr lange Zeit entwickelten und dabei sehr unterschiedliche Arten entstanden sind.
Raptorex war ähnlich aber klein
So steht zu vermuten, dass noch andere Spezies aus dieser wichtigen Familie entdeckt werden. Ein Anfang ist bereits gemacht: Fast zeitgleich zur Wiederentdeckung und Neubewertung des Proceratosaurus wurde ein weiterer Fund aus dem Stammbaum des Tyrannosaurus rex bekannt. Auch der Raptorex kriegsteini zeigt, dass das Erfolgsmodell T. rex bereits sehr früh, wenn auch im Kleinformat erfunden wurde. Seinem großen Nachfahren sieht Raptorex dank großer Übereinstimmungen in den Körperproportionen sehr ähnlich, und er trägt ebenso viele und scharfe Zähne im Kiefer.
Ein Glück nur, dass sein Nachfahre erst rund 60 Millionen Jahre später auftauchte. Denn für einen tonnenschweren Tyrannosaurus wäre sein Vorfahre bei 65 Kilogramm und zwei Metern Körpergröße wohl auch im ausgewachsenen Zustand nur ein willkommener Happen gewesen – für den kleinen Hunger zwischendurch.
Susanne Wedlich, Magazin Einsichten / LMU München
Stand: 03.12.2010