Cetacea (vom griech.: ketos) – „großes Meerungeheuer“, so nennen die Tierkundler die Ordnung der Waltiere mit dem wissenschaftlichen Fachbegriff. Diese Bezeichnung ist irreführend und falsch zugleich. Falsch deshalb, weil zu den Walen nicht nur Giganten der Meere wie Blau- oder Pottwal gehören, sondern auch kleine Tiere wie der Weißbauch-Delfin. Und irreführend, weil nicht nur der Orca, der so genannte Mörder- oder Killerwal zu den Cetacea gerechnet wird, sondern auch viele harmlose Arten, die lediglich tierisches Plankton auf ihrer Speisekarte stehen haben.
Unzählige Geschichten ranken sich seit ewigen Zeiten um die Wale. Die bekannteste ist vielleicht die von Jona, der angeblich drei Tage und drei Nächte im Bauch eines Wal“fisches“ verbrachte, bevor er von ihm wieder ausgespuckt wurde. Ein Vorgang, der schon von der Physiologie der Wale her gar nicht möglich ist: Der Schlund der meisten Wale hat nachweislich gerade mal einen Durchmesser von 20 Zentimetern. So weit bekannt ist, hat Martin Luther im Rahmen einer Bibelübersetzung dieses Missverständnis produziert. Im Originaltext war eigentlich von einem „großen Fisch“ die Rede, der Jona verschlungen haben sollte.
John Ray korrigiert Luther
Luthers Einordnung der Cetacea in den Tierstamm der Fische wurde bereits 1693 korrigiert, als John Ray die Wale aufgrund stammesgeschichtlicher Hinweise zum ersten Mal den Säugetieren zurechnete. Bis dahin beruhte die Tiersystematik der Naturforscher eher auf Kriterien wie der äußerlichen Ähnlichkeit und des Lebensraumes.
Wale jedoch – dies wusste bereits Aristoteles zu berichten – sind Warmblüter, bringen lebende Junge zur Welt und füttern sie längere Zeit mit Muttermilch. Wale sind aber auch perfekt an den Lebensraum Wasser angepasst und haben deshalb im Laufe der Evolution eine strömungsgünstige fischähnliche Gestalt entwickelt. Im Gegensatz zu Fischen besitzen sie aber eine waagerechte Schwanzflosse, die als Fluke bezeichnet wird und entscheidend für die Fortbewegung der schweren Tiere verantwortlich ist. Die Vorderextremitäten sind zu Flossen – die so genannten Flipper – umgewandelt. Die Rückenflosse der Wale, die Finne, besteht – wenn vorhanden – aus Bindegewebe und sorgt zusammen mit den Flippern für eine stabile Lage im Wasser.
„Wal – Da bläst er!“ Spätestens seit dem Film Moby Dick ist jedem Kino- und Fernsehzuschauer ein weiteres besonders charakteristisches Erkennungsmerkmal der Wale bekannt. Da die Wale Lungen und keine Kiemen besitzen müssen sie in relativ regelmäßigen Abständen an die Wasseroberfläche kommen, um zu atmen. Innerhalb von wenigen Sekunden stoßen sie dort die verbrauchte Luft durch ein oder zwei Spritzlöcher am Kopf mit einem Druck von mehreren Atmosphären aus. Die gewaltigen Dampffontänen können beim Pottwal beispielsweise eine Höhe von fast 10 Metern erreichen. Diese sogenannten Blas haben bei jeder Walart eine andere Form und führen dazu, dass ein Walkenner schon aus großer Entfernung anhand dieser Dampfwolke bestimmen kann, um welche Walart es sich handelt.
Blubber unter der Haut
Gerade mal vier oder fünf Grad Celsius beträgt die Wassertemperatur in knapp 1.000 Meter Tiefe oder in den kalten Gewässern der Polarregionen, wo sich viele Wale häufig aufhalten. Damit die Tiere in diesen Gewässern nicht auskühlen, besitzen sie als weitere Anpassung an den Lebensraum eine dicke Fettschicht unter der Haut – den Blubber. Durch diese extrem gute Wärmeisolierung fällt das Fehlen einer Behaarung bei den Walen nicht ins Gewicht.
Ganz im Gegenteil. Die Beschaffenheit des Blubbers und der Verlust der Haare verhindern beim Schwimmen jegliche Wirbelbildung und sorgen so mit dafür, dass manche Walarten wie der Orca Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 50 Kilometer pro Stunde erreichen können. Zum Vergleich: Ein Leichtathlet, der die 100 Meter-Strecke in zehn Sekunden schafft – und davon gibt es auf der Erde wahrlich nicht allzu viele – kommt gerade mal auf ein Tempo von 36 Kilometern pro Stunde.
Die meisten Großwale legen im Verlauf eines Jahres riesige Strecken in den Ozeanen der Welt zurück. Sie jagen und fressen in den kalten Gewässern beispielsweise des Südpolarmeeres, bevor sie in die Tropen wandern, wo sie in den „Kinderstuben“ ihre Kälber bekommen und aufziehen. Mit den „Teenagern“ im Gepäck geht es dann Monate später wieder ab in die kalten Regionen.
Stand: 07.10.2001