Inzwischen ist klar: Die Dunkle Energie macht gut zwei Drittel unseres Universums aus. Sie ist damit die dominante Komponente des Alls. Dennoch ist ihr Wirken extrem subtil: Wir können ihren Einfluss nicht an den Bewegungen der Planeten oder Sterne ablesen – hier scheint nach wie vor die Gravitation die Oberhand zu haben. Und auch in physikalischen Experimenten ist es bisher nicht gelungen, diese alles durchdringende, aber verborgene Macht dingfest zu machen.
Hinzu kommt: Das Verhalten der Dunklen Energie passt zu keinem bekannten Baustein in unserem Standardmodell der Physik – sie reagiert weder wie eine normale Grundkraft noch wie ein teilchenbasiertes Medium. Würde sie – ähnlich wie die Dunkle Materie – auf einem exotischen Teilchen basieren, dann müsste ihre Wirkung im Laufe der Expansion des Alls abnehmen, statt stärker zu werden.
Keine Verdünnung
Denn alle Materie – und damit auch Elementarteilchen – wird durch die Ausdehnung des Raums quasi verdünnt: Weil Materie nicht „nachwächst“, nimmt ihre Dichte im Laufe der Zeit immer weiter ab. Der gleichen Menge an Materie steht ein immer größerer Raum gegenüber. Dadurch sinkt auch der Einfluss der Gravitation auf das Universum als Ganzem. Wäre nun die Dunkle Energie auch ein exotisches Teilchen, dann müsste dieses mitverdünnt werden. Als Folge würde sich auch die auseinander treibende Wirkung dieser rätselhaften Kraft abschwächen.
Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Je mehr der Kosmos wächst, desto stärker scheint auch die Wirkung der Dunklen Energie zu werden. Wie in einer positiven Rückkopplung treibt dies wiederum die Expansion stärker voran. Das aber könnte bedeuten, dass die Dunkle Energie eine Eigenschaft des Raums selbst ist. Denn in der Expansion dehnt sich der Raum selbst aus – also quasi die Matrix, in dem alle Objekte eingebettet sind. Im Prinzip bedeutet dies, dass es im Universum als Ganzem im Laufe der Zeit immer mehr Raum gibt. Ist die Dunkle Energie ein Merkmal des Raums selbst, dann nimmt logischerweise damit auch ihr Effekt zu
Renaissance für Einsteins „Eselei“
Interessanterweise passt die Dunkle Energie damit zu einem schon von Einstein in die Kosmologie eingeführten Parameter: der Kosmologischen Konstante. Als der Physiker 1915 seine Feldgleichungen zur Allgemeinen Relativität aufstellte, musste er zu einer „Krücke“ greifen. „Denn sie beschrieben das Universum immer als entweder auseinanderfliegend oder zusammenfallend“, erklärt der Physiker David Gerdes von der University of Michigan. „Das musste nach damaligem Verständnis falsch sein, also jonglierte Einstein mit seiner Gleichung herum, um den Kosmos still stehen zu lassen – er fügte einen Term ein, der der Schwerkraft entgegenwirkte.“
Die Kosmologische Konstante Lambda löste zwar das Problem, gefiel Einstein allerdings wenig. Als in den 1930ern die kosmische Expansion bekannt wurde und damit der Zwang eines stillstehenden Universums entfiel, nahm er sie daher schleunigst wieder zurück. Er soll sie damals als die „größte Eselei“ seines Lebens bezeichnet haben. „Jetzt aber zeigt sich, dass es alles andere als eine Eselei war“, so Gerdes. Denn erst diese mittlerweile wieder in die Gleichungen eingefügte Größe passt diese an die sich beschleunigende Expansion des Universums an.
Allerdings: Ob die Dunkle Energie wirklich einer über Zeit und Raum festen Konstante entspricht, ist bisher alles andere als klar…
Nadja Podbregar
Stand: 02.05.2014