Am 20. August 1977 beginnt die große Reise der beiden Voyager-Sonden. Skurrilerweise ist es dabei Voyager 2, die zuerst vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral abhebt. Voyager 1 folgt erst knapp drei Wochen später. Weil sie aber eine etwas kürzere Flugbahn zu Jupiter und Saturn hat, wird der Nachzügler trotzdem früher ankommen – und trägt daher die Nummer 1.
Am 5. März 1979 wird es spannend: Voyager 1 erreicht den Jupiter und taucht tief in das System des Gasriesen ein. Die Sonde passiert den Gasriesen noch innerhalb der Umlaufbahn des innersten Mondes Io. Ihre Kameras schießen dabei bahnbrechende Aufnahmen der stürmischen Jupiter-Atmosphäre und weisen die ersten Blitze auf einem fremden Planeten nach.
Io: Hyperaktiv statt kalt und tot
Eine echte Sensation sind die Aufnahmen vom Jupitermond Io: „Io sah völlig anders aus als wir erwartet hatten“, erinnert sich Voyager-Teammitglied Jim Bell. „Schon bei der Annäherung sahen wir seltsame Flecken auf seiner Oberfläche, die keine Krater waren – aber was waren sie dann?“ Statt des erwarteten kalten, toten Eismonds enthüllen die Voyager-Bilder eine erstaunlich farbenfrohe, dynamische Welt.
Das Entscheidende aber zeigt sich erst in Aufnahmen, die Voyager beim Zurückblicken auf Io machte. Während die Bildtechniker deren Helligkeit bearbeiten, entdecken sie etwas Ungewöhnliches: In einem Bild prangt ein heller, rundlicher Fleck über der Tag-Nachtgrenze des Mondes und in einem anderen ragt schirmartiger Bogen hunderte Kilometer über die Mondoberfläche auf.
Im ersten Moment halten die Forscher dies für Kamera-Artefakte, doch nach ausgiebiger Prüfung bleibt nur noch eine mögliche Erklärung: Diese Flecken müssen aktive vulkanische Eruptionen sein. Die Wärmesignatur und weitere Aufnahmen bestätigen dies wenig später: Io ist eine geradezu hyperaktive vulkanische Welt. „Wir sprechen hier über einen Mond, dessen Geologie sich ähnlich schnell verändert, wie das Wetter auf unserem Planeten“, sagt Rich Terrile vom JPL. „Das ist wie etwas aus einem Science-Fiction-Roman!“
Europa: Ein Ozean unter dem Eis?
Auch die Vorbeiflüge der Sonden am Jupitermond Europa enthüllen Sensationelles: Aufnahmen der Eisoberfläche und Daten zur Dichte und Wärmeverteilung des Mondes liefern erste Indizien dafür, dass Europa einen Ozean aus flüssigem Wasser besitzen könnte. Heute gilt dieser Mond deshalb als ein vielversprechender Kandidat für außerirdisches Leben.
„Die Voyager-Vorbeiflüge am Jupiter bewirkten einen massiven Wandel in unserem Verständnis von Gasriesen und ihren Monden“, erklärt Bell. Statt kalter toter Eiskugeln zeigen die Sonden aktive, von Gezeitenkräften durchgewalkte und aufheizte Welten. „Diese Bandbreite von aktiven geologischen Prozessen hätten wir bei den Trabanten des äußeren Sonnensystems niemals erwartet“, ergänzt sein Kollege Larry Soderblom.
Nadja Podbregar
Stand: 18.08.2017