Im Alter von gut zwölf Milliarden Jahren nähert sich die Sonne dem Höhepunkt ihrer Entwicklung zum Roten Riesen. Von der Erde aus gesehen füllt sie nun gut die Hälfte des Himmels aus. Sie ist mehr als 2.700 Mal heller und gut 250 Mal größer als vor Beginn ihres Wandels. Die habitable Zone des Sonnensystems liegt nun weit jenseits des Pluto. Merkur und Venus sind schon von der Sonne verschlungen worden.

Kampf der Kräfte
Die Erde ist die nächste – oder doch nicht? Ob unser Planet eine Chance hat, den Wettlauf mit dem Roten Riesen zu gewinnen, haben Robert Smith von der University of Sussex und Klaus-Peter Schröder von der Universität von Guanajuato schon vor einigen Jahren errechnet. Dabei stellten sie fest, dass es zwei Faktoren gibt, die der Verlagerung des Erdorbit entgegenwirken und so die „Flucht“ unseres Planeten bremsen.
Der erste Faktor sind die Gezeitenkräfte: Je näher die Sonnenoberfläche der Erde kommt, desto mehr verstärken sich Schwerkraftwechselwirkungen, die die Bewegung der Erde hemmen. Dadurch sinkt ihre Geschwindigkeit und ihr Orbit verengt sich. Je mehr sich die äußeren Hüllen der Sonne unserem Planeten nähern, desto stärker kommt eine zweite bremsende Kraft zur Geltung: die Reibung. Denn nun bewegt sich die Erde nicht mehr durch das Vakuum des Alls, sondern schon durch erste Gasausläufer des Roten Riesen. Auch dies bremst sie ab und wirkt der Außenverlagerung ihres Orbits entgegen.
Der Mond zerbricht
Die an der Erde zerrenden Kräfte wirken sich auch auf ihren Trabanten aus: Der Mond verliert ebenfalls an Tempo und Höhe und nähert sich der Erde immer weiter an. Sobald er die kritische Schwelle – das sogenannte Roche-Limit – von rund 18.500 Kilometern Abstand unterschritten hat, ist sein Ende unausweichlich: Er wird von den Gezeitenkräften der Erde zerrissen. „Am Roche-Limit wird die Schwerkraft, die den Mond zusammenhält schwächer als die Gezeitenkräfte, die ihn zerreißen wollen“, erklärt Lee Anne Willson of Iowa State University.