Wenn es um die Zukunft und das Potenzial der Kryptowährung Bitcoin geht, scheiden sich die Geister. Für die einen ist es das Zahlungssystem der Zukunft, bietet es doch eine Möglichkeit direkter und von Banken unabhängiger Transaktionen. Andere jedoch sind eher skeptisch. Sie bezweifeln, dass Bitcoin und Co stabil und skalierbar genug sind, um dem etablierten Finanzsystem ernsthaft Konkurrenz zu machen.
Wie skalierbar ist das System?
Vorteile hat Bitcoin bisher vor allem dort, wo Geld über Ländergrenzen hinweg transferiert werden soll. Denn im klassischen Bankensystem sind an einer solchen Auslandsüberweisung mindestens drei bis vier Banken beteiligt und das Ganze benötigt mehrere Tage. Die gleiche Transaktion mittels Bitcoins dauert dagegen nur Minuten und erfolgt ohne zwischengeschaltete Mittler. Das allerdings machen sich im Moment auch gerne all diejenigen zunutze, die kriminelle Intentionen verfolgen.
Doch noch sind das Bitcoin-System und seine Blockchain eher überschaubar – und im Volumen ihrer Transaktionen nicht einmal annähernd mit dem eines Banksystems vergleichbar. Sollen in Zukunft mehr Finanzgeschäfte über das Bitcoin-System abgewickelt werden, muss vor allem das Tempo der Transaktionen wachsen. Denn bisher benötigen die rund 100.000 Rechnerknoten der Bitcoin-Miner rund zehn Minuten für einen Transaktionsblock.
„Über Bitcoins könnte daher nicht ansatzweise das Volumen und die Geschwindigkeit des internationalen Zahlungsverkehrs abgebildet werden“, meint Salomon Fiedler vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Das allerdings sehen Bitcoin-Miner anders. Sie sehen durchaus Möglichkeiten, das Tempo und Volumen der Transaktionen zu erhöhen – beispielsweise indem mehr Transaktionen pro Block abgewickelt werden.
Sind Kryptowährungen stabil genug?
Ein weiterer Faktor ist die Stabilität von Bitcoin und Co. „Bisher haben starke Schwankungen in der Kaufkraft der Kryptowährungen es problematisch gemacht, sie als Austauschmedium für größere Anteile der Bevölkerung zu machen“, sagen Fiedler und seine Kollegen vom Institut für Weltwirtschaft. „Denn Käufer und Verkäufer müssen zumindest auf kürzere Sicht vorhersehen können, ob ein Handel von heute morgen noch profitabel sein wird oder nicht.“
Allerdings sehen sie und andere Experten die starken Wertschwankungen von Bitcoin eher als „Kinderkrankheiten“ des Systems. „Wenn der Krypto-Goldrausch erst einmal endet, bei dem Leute die Kryptowährung primär als Spekulationsobjekt nutzen, dann werden die Schwankungen wahrscheinlich nachlassen“, so Fiedler und seine Kollegen. Ihrer Einschätzung nach könnten dann Bitcoin und Co an Bedeutung für den Zahlungsverkehr gewinnen – vor allem, wenn genügend Menschen mit dem etablierten Bankensystem unzufrieden sind.
Die Frage der Energie
Spätestens dann aber dürfte sich auch das Energieproblem weiter verschärfen. Noch ist zwar unklar, wie stark der Strombedarf für Bitcoin und Co steigen wird, wenn die Zahl der Nutzer und Transaktionen zunimmt. Denn auch die Mining-Rechner werden immer leistungsfähiger und energieeffizienter. Andererseits aber sorgen die Algorithmen des Systems dafür, dass das Mining von Bitcoins und damit das Erzeugen neuer Blöcke trotz technischer Fortschritte aufwändig bleibt.
Der Weg hin zu „grünen “ Bitcoins ist zumindest eine Möglichkeit, die Kryptowährung schon jetzt weniger klimaschädlich und damit nachhaltiger zu machen. Doch wenn das System weiter wächst, könnten auch die noch vorhandenen Reserven überschüssigen Stroms aus erneuerbaren Energien schrumpfen. Die Bitcoin-Miner würden dann auf dem Strommarkt wieder stärker in Konkurrenz zu anderen Infrastrukturen treten.
Spätestens an diesem Punkt erfordern Kryptowährungen auch gesellschaftliche Entscheidungen: „Wir als Gesellschaft müssen uns die Frage stellen, was uns ein internationales Finanzsystem wert ist und wie viele Ressourcen wir ihm zuteilen wollen“, meint Mathis Schultz von Northern Bitcoin.
Nadja Podbregar
Stand: 31.08.2018