Angesichts der reichen Fossilfunde im Geopark „GrenzWelten“ könnte man denken, dass in diesem Gebiet am Übergang zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen längst alles Interessante gefunden sei. Doch das ist ein Irrtum. Denn noch immer schlummern im Untergrund – und manchmal sogar direkt an der Oberfläche – noch wertvolle Funde.
Ein Ammonit mit Stacheln
Einen solchen Fund machte beispielsweise im September 2012 der Hobby-Paläontologe Hartmut Kaufmann auf einem Feld nahe der nordhessischen Kurstadt Bad Wildungen. Als er mit Blick auf den Boden über das abgeerntete Feld spazierte, fiel ihm ein kleiner Gesteinsbrocken in Auge, auf dem er das Fossil eines Ammoniten zu erkennen glaubte. Diese urzeitlichen Kopffüßer besitzen eine gekammerte, spiralig gewundene Schale, die sie fast schneckenähnlich aussehen lässt. Ihre Überreste gehören zu den beliebtesten und häufigsten Fossilien überhaupt.
Der von Kaufmann auf dem Feld entdeckte Ammonit hatte allerdings eine erstaunliche Besonderheit: Er trug auffallende Stacheln an der Außenseite seiner nur 31 Millimeter großen Schale. Nähere Untersuchungen durch Experten vom Naturkunde Museum Berlin bestätigten dann, dass Kaufmann eine ganz neue, zuvor unbekannte Art entdeckt hatte – bei einem simplen Spaziergang auf einem Feld. Das legt nahe, dass auf den Feldern rund um Bad Wildungen noch weitere interessante Funde auf ihre Entdeckung warten. Es kann sich daher durchaus lohnen, beim Spaziergang in dieser Gegend auch mal den einen oder anderen Stein umzudrehen.
Verborgenes Gold im Gestein
Aber Fossilien sind nicht das einzige, was noch heute im Geopark GrenzWelten zu finden ist. Es gibt dort sogar einen echten Schatz – Gold. Dieses findet sich im rund 560 Meter hohen Eisenberg südwestlich der Stadt Korbach, in der Nähe der wegen ihrer Fossilfunde berühmten Korbacher Spalte. Auf dem bewaldeten Hügel thront nicht nur die Ruine einer Höhenburg aus dem 13. Jahrhundert, unter seiner Oberfläche finden sich auch die Reste einer der reichsten Goldlagerstätten Mitteleuropas.
Auch sein Ursprung geht auf das Wechselspiel von Meer und Land zurück, diesmal im Karbon, dem Zeitalter, das vor rund 300 Millionen Jahre endete und in das Perm-Zeitalter überging. Damals schwemmten Flüsse enorme Mengen an Pflanzenresten und anderem organischem Material aus den üppigen, oft überschwemmten Karbonwäldern ins Meer. Dort lagerte sich das Material als sauerstoffarmer Faulschlamm ab, der Fossilien einschloss, aber auch die Bildung von Eisensulfid (FeS2) begünstigte – Pyrit. Dieses „Katzengold“ sieht dem echten Gold nicht nur ähnlich, es kann dieses auch unter bestimmten Bedingungen anreichern. Genau dies geschieht auch dort, wo heute der Eisenberg liegt – am karbonzeitlichen Meeresgrund.
Zu Beginn des Perm-Zeitalters ändern sich Klima und Landschaft erneut: Die Plattentektonik schiebt den Untergrund zusammen und hebt ihn, so dass das Gebiet nun trockenliegt. Der gestauchte Untergrund ist jedoch von vielen Rissen und Hohlräumen durchsetzt. Weiter Millionen Jahre später sorgen erneute tektonische Verschiebungen dafür, dass nun heißes Tiefenwasser aufsteigt und als hydrothermale Flüssigkeit das Gestein durchströmt. Dies löst den Pyrit mitsamt des von ihm „eingefangenen “ Goldes. Das gelöste Edelmetall wird nun erneut aufkonzentriert und lagert sich als Gold in den Gesteinsadern ab.
Goldrausch am Eisenberg
Als Folge dieses mehrschrittigen, Millionen Jahre dauernden Prozesses erreichen die Goldgehalte im Gestein des Eisenbergs Werte von bis zu einem Kilogramm Gold pro Tonne Gestein. Kein Wunder, dass dort schon seit dem Mittelalter Goldgräber und Glücksritter nach dem begehrten Edelmetall suchten. Am Fuß des Eisenbergs zeugen alte Waschhalden von ihren Versuchen, Gold aus dem Sediment zu abzutrennen. Aber auch in größerem Maßstab wurde das Gold zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert in dieser Gegend abgebaut: Noch heute sind Spuren eines alten Tagebaus und rund 90 alte Stollen und Schächte aus dieser Zeit erhalten.
Sogar der große Gelehrte und Alchemist Albertus Magnus erwähnte im Jahr 1250 dieses Goldvorkommen und pries die hohe Reinheit des im Eisenberg gewonnenen Edelmetalls. Auch der Ort Goldhausen geht auf den Goldabbau in diesem Hügel zurück: Er entstand Anfang des 15. Jh. als Siedlung für die Bergmänner und ihre Familien. Doch 1615, nach fast 500 Jahren des lukrativen Goldabbaus, endete die „goldene“ Ära am Eisenberg: Die Goldausbeute wurde zu spärlich und der Abbau lohnte sich nicht mehr. Wenig später begann zudem der Dreißigjährige Krieg und die Menschen der Region hatten nun ganz andere Sorgen.
Dennoch: Der „Goldrausch“ am Eisenberg ist nie ganz vergangen. Über die Jahrhunderte hinweg gab es immer wieder Versuche von Bergbauunternehmen und staatlichen Stellen, den Goldabbau doch wieder aufzunehmen. Dabei entstanden Probebohrungen und sogar neue Schächte. Noch bis 1995 führten Forschende lagerstättenkundliche Analysen am Eisenberg durch. Doch zu einem Goldabbau im großen Stil kam es nicht mehr.
Es ist noch Gold übrig
Experten schätzen jedoch, dass auch heute noch zwischen einer und zehn Tonnen Gold im Eisenberg verborgen sein – das entspricht immerhin einigen Millionen Euro. Es ist aber zu dünn verteilt, um wirtschaftlich lohnend abgebaut zu werden. Man müsste quasi den gesamten Berg abtragen und durcharbeiten, um an das Restgold heranzukommen. Denn die winzigen Goldkrümel finden sich nur verstreut in wenigen und dünnen Gesteinsschichten. Auch wenn man ein solches Gesteinsstück in der Hand hält, kann man das Gold darin nur mit viel Glück erkennen.
Aber auch im Geröll und lockeren Sedimenten der umgebenden Flüsse wie der Eder finden sich noch heute feine Goldkörnchen und Goldflitter. Sie wurden im Laufe der Zeit aus dem festen Gestein ausgewaschen. Wer sein Glück versuchen will, kann im Rahmen von Goldwasch-Workshops selbst in der Eder nach Gold suchen. Wer mitmacht, lernt den richtigen Umgang mit Waschpfanne, Sieb und Schaufel und erfährt nebenbei noch einiges Wissenswertes darüber, woher das Gold kommt und wie das Goldwaschen funktioniert. Und das Beste daran: Jeder darf das selbst gefundene und gewaschenen Gold mit nach Hause nehmen.