Ohne Frage – auch in Peking wird Doping zu einem der dominierenden Themen gehören. IOC-Präsident Jacques Rogge rechnet bei den Sommerspielen mit 30 bis 40 positiven Doping-Tests. Der deutsche Team-Arzt Kindermann hält diese Zahl für zu hoch gegriffen, Wenn man die Zahlen mit Sydney, elf positive Befunde, und Athen, 26, vergleiche, komme man eventuell auf 25 bis 30. „Aber selbst diese Zahl halte ich für zu hoch,“, so Kindermann.
Aber eines gilt als sicher, die Sportler werden wohl so streng kontrolliert werden, wie nie zuvor. Insgesamt will man in Peking zwischen rund 4.500 Doping-Tests vornehmen, bisheriger Rekord bei Olympischen Spielen.
Skepsis bei Asthmatikern
Der „Peking-Smog“ spielt auch in Hinsicht Doping eine Rolle. Denn ob die Sportler, die sich beim IOC als Asthmatiker gemeldet haben, tatsächlich alle an der Krankheit leiden, ist nicht klar. Sie alle haben eine Ausnahmegenehmigung erhalten, das Asthma-Mittel Salbutamol zu verwenden. Als Spray zum Inhalieren angewendet erweitert es die Bronchien und fördert den Muskelaufbau. Doch gerade dieser Wirkstoff gilt als leistungssteigernde Substanz und steht auf der Verbots-Liste – so lange kein Asthma-Attest vorliegt.
Ein provisorischer obligatorischer Asthma-Test hat im Schweizer Olympia-Team zu Differenzen zwischen Sportlern und Funktionären geführt. Alle Athleten waren während der Vorbereitungen dazu angehalten worden, sich auf Asthma-Anfälligkeit untersuchen zu lassen.
Beat Villiger, Chef der Schweizer Olympioniken, verteidigt das, in Peking sei die Schadstoffkonzentration derart hoch, dass auch Athleten, die in normaler Umgebung kein Leistungs-Asthma haben, Asthma bekommen können.
Anstiftung zum Doping?
Der Schweizer Schwimmer Karel Novy hält das geradezu für eine Anstiftung zum Doping, wie er in der Neuen Züricher Zeitung sagte: „Als Sportler halte ich mich grundsätzlich für gesund. Das Asthma-Spray ist ein Medikament, aber ich bin nicht krank, und eigentlich ist es ja Doping.“ Im Schweizer Nationalteam zögen rund die Hälfte aller Schwimmer vor dem Rennen am Asthma-Spray. „Ist das normal?“
Auch unter den deutschen Sportlern wurde eine Fragebogenaktion durchgeführt, deren Ziel es war, potentielle Asthmatiker und Allergiker herauszufiltern. Denn eines sei klar, betont Kindermann: „Die Empfindlichkeit für Luftschadstoffe ist individuell unterschiedlich.“ Auch wer bisher Hochleistungen schaffte und keinerlei Beschwerden hatte, könne unter den Bedingungen in Peking Symptome entwickeln, andere Sportler wiederum haben eine größere Toleranz gegen Schadstoffe.
Gendoping prophylaktisch verboten
Dass es die Doping-Wächter in Peking wirklich ernst meinen, lässt auch eine andere Tatsache vermuten. Erstmalig in der Doping-Geschichte wurde eine Methode prophylaktisch verboten, obwohl noch gar nicht klar ist, ob sie bereits angewandt wird. Die internationale Doping-Agentur Wada hat das Gendoping verboten. dabei werden körpereigene Gene so manipuliert, dass sie zu Leistungssteigerungen führen. Einen Nachweis gibt es noch nicht. Zumindest halten sich die Doping-Wächter mit Auskünften über mögliche Kontrollverfahren zurück.
Ein Kandidat für Doping an der DNA ist das Epo-Gen. Es steuert die Produktion des Blutbildungshormons Erythropoietin und kann so vor allem die Ausdauer eines Sportlers steigern, weil mehr rote Blutkörperchen mehr Sauerstoff transportieren.
„Schwarzenegger-“ und „Marathon-Mäuse“
Auch Gene, die für den Aufbau von Muskelmasse oder für Fettleibigkeit verantwortlich sind, wecken Begehrlichkeiten bei manchen Sportlern. So machten kürzlich „Schwarzenegger-“ und „Marathon-Mäuse“ von sich reden. Amerikanische Wissenschaftler hatten deren Gene so verändert, dass die einen ihre Muskelmasse bis ins hohe Alter behielten, die anderen nicht nur schlank blieben, sondern sogar doppelt so schnell liefen, wie gewöhnliche Jogging-Mäuse.
Gefährlicher „China-Drink“
Besorgt zeigen sich die Doping-Wächter über angebliche Erfolge chinesischer Forscher. Die chinesische Akademie der Wissenschaften gab bekannt, dass ein Forschungsteam eine Art „genetischer Schluckimpfung“ entwickelt hätte, eine Methode der Genmanipulation, die nicht dauerhaft wirkt. Bei der so genannten RNA-Interferenz manipulieren passgenaue kleine Moleküle die Übersetzung eines Gens in die von ihm produzierten Enzyme oder Hormone. Die Wirkung ist nicht dauerhaft, weil der Körper die RNA nach einer Weile abbaut.
„Wenn das stimmt“, befürchtet Patrick Diel von der Deutschen Sporthochschule Köln, der als Gutachter für den Deutschen Bundestag zum Thema Gendoping arbeitet., „sind dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.“
Für die diesjährigen Spiele scheint die Gefahr eines solchen „China-Drinks“ noch gebannt. Bisher hat das Verfahren lediglich bei Mäusen funktioniert.
Stand: 09.08.2008