Wir können ihn meistens weder hören noch sehen und trotzdem ist er in aller Munde – der Infraschall. Besonders seit dem Ausbau der Windenergie wird immer wieder darüber spekuliert, ob der lautlose Lärm der Kraftwerke unsere Gesundheit besonders gefährdet. Dabei entsteht Infraschall auch häufig in der Natur – und er verbreitet sich nicht immer lautlos.
Ganz natürlich: Infraschall in unserer Umwelt
Die ersten Wolken ziehen auf, die Welt verdunkelt sich und von weitem hören wir das erste Donnergrollen. Neben diesem hörbaren Lärm verbreiten sich jetzt wahrscheinlich auch sehr tieffrequente Wellen, die der Mensch oft nicht hört – der sogenannte Infraschall. Denn viele Naturereignisse erzeugen ihn ganz nebenbei. Er entsteht bei Stürmen, Gewittern, Erdbeben oder auch durch Meereswellen. Selbst wenn wir uns nur Luft zufächeln, können wir dadurch schon Infraschall erzeugen.
An Windkraftanlagen sorgen meistens Luftverwirbelungen an den Rotorblättern für den Infraschall. Allerdings sind die Kraftwerke bei weitem nicht die einzige künstliche Quelle für diese tiefen Schwingungen: Im Alltag verbreitet er sich auch durch Maschinen wie Pumpen oder Kompressoren und mit dem Verkehr durch Schiffe, LKWs oder Flugzeuge. Sogar sehr leistungsfähige Lautsprecher können in einem geschlossenen Raum den tieffrequenten Schall erzeugen.
Eine Messung der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) zeigt, dass Infraschall auf dem Land vor allem durch Wind entsteht. In der Stadt sorgen dagegen meistens Anlagen oder Fahrzeuge für die Emissionen. Nachweisbar ist der Infraschall aber fast überall: Draußen und drinnen ebenso wie in der Stadt und auf dem Land.
Sieben mal um die Welt
Aufgrund seiner großen Wellenlänge hat Infraschall einige besondere Merkmale. Dazu gehört, dass er kaum von Hindernissen wie Felsen, Bäumen oder Gebäuden gedämpft wird. Anders als hochfrequente Schallwellen, die aufgrund ihrer geringen Wellenlänge leichter abgelenkt oder absorbiert werden. Deswegen verbreitet sich Infraschall auch über sehr weite Strecken.
Diese besondere Eigenschaft kann überwältigende Ausmaße annehmen. Dies passierte beispielsweise 1883, als durch eine Eruption fast die gesamte Vulkaninsel Krakatau in die Luft gesprengt wurde. Der Schalldruck der Explosion war so extrem, dass die Schallwellen siebenmal um den Erdball liefen. Barometer auf der ganzen Welt zeichneten das Phänomen auf.
Hohe Pegel hört auch der Mensch
Infraschall ist also ständig in unserer Umwelt. Der Mensch kann ihn nur meistens nicht hören, weil wir bei üblichen Schalldruckpegeln Frequenzen erst ab 16 bis 20 Hertz wahrnehmen – der unteren Hörschwelle. Manche Tiere wie beispielsweise Elefanten nehmen diese tiefen Töne dagegen gut wahr und kommunizieren auch über sie.
Doch auch der Mensch kann Infraschall unter einer bestimmten Bedingung hören: Er muss laut genug sein. Ein Geräusch mit der Frequenz von acht Hertz müsste beispielsweise 100 Dezibel haben, damit der Mensch es hört. Denn für das menschliche Gehör gilt: Je tiefer ein Ton ist, desto lauter muss er sein, damit wir ihn wahrnehmen. Das sind aber nicht unbedingt utopische Werte, denn Windböen können beispielsweise Infraschall bis zu 135 Dezibel erzeugen. Zudem können wir Infraschall auch anders wahrnehmen – als Vibrationen über taktile Reize oder den Gleichgewichtssinn.
Unhörbarer Infraschall gilt als unbedenklich
Auf unsere Gesundheit scheinen laute Infraschallpegel ab circa 140 Dezibel ähnliche Auswirkungen zu haben wie hörbarer Lärm. Der tiefe Krach kann neuen Erkenntnissen nach ebenfalls bleibende Hörschäden verursachen und negativ auf das Herz-Kreislauf-System wirken. Zudem kann ständiger Infraschall die Leistungsfähigkeit reduzieren, benommen machen und den Schlaf stören.
Nicht hörbarer Infraschall, wie er auch von Windrädern erzeugt wird, scheint laut aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse allerdings keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben. Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) stuft Infraschall von Windkraftanlagen daher als unbedenklich ein, solange er unterhalb der Hörschwelle liegt.
Es gibt jedoch auch Experten, die sich noch weitere Untersuchungen wünschen, um die Auswirkungen von Schall außerhalb des hörbaren Bereichs besser einschätzen zu können. Dazu gehört Infraschall ebenso wie sein Gegenpart der Ultraschall. Denn inwieweit uns speziell dieser lautlose Lärm belastet ist schwer nachweisbar, da viele Geräusche aus einem Mix dieser besonderen Frequenzen und dem hörbaren Schall bestehen. Daher kann man im Alltag kaum zuordnen, ob beispielsweise die zunehmende Nervosität vom Infraschall ausgelöst wurde oder doch nur eine Folge der hörbaren Lärmbelästigung ist.
Stand: 23.11.2016