Die Parkinson-Krankheit ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Allein in Deutschland leiden rund 280.000 Menschen daran, weltweit sind über sechs Millionen betroffen. Zwar kann sich die Krankheit in seltenen Fällen bereits in jungen Jahren bemerkbar machen. Trotzdem ist Parkinson hauptsächlich eine Erkrankung des Alters: Patienten sind bei der Diagnose im Mittel 60 Jahre alt.
Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass sich wegen der alternden Bevölkerung die Zahl der Betroffenen bis 2030 verdoppeln wird. Angesichts dieser Entwicklung suchen sie unter Hochdruck nach Möglichkeiten, Parkinson dauerhaft aufzuhalten. Wo aber ansetzen? Denn Auslöser und Mechanismen hinter der Erkrankung haben die Forscher bis heute nicht im Detail entschlüsselt.
„Ohne erkennbare Ursache“
Zwar sind einige wenige Formen von Parkinson etwas besser verstanden. Sie werden zum Beispiel durch die Einnahme bestimmter Medikamente oder durch Gehirnverletzungen ausgelöst, wie es womöglich bei der Boxlegende Muhammad Ali der Fall war. Beim seltenen familiären Parkinson-Syndrom sind einzelne vererbbare Gendefekte schuld an dem Niedergang der Nervenzellen.
Doch die große Mehrheit der Parkinson-Patienten leidet an einer Erkrankung, für die es keine Erklärung gibt. Ärzte sprechen bei der Diagnose Morbus Parkinson daher auch vom idiopathischen Parkinson-Syndrom: Idiopathisch bedeutet ohne erkennbare Ursache.
Zellgiftige Proteinablagerungen
Immerhin ist inzwischen bekannt, dass ähnlich wie bei Alzheimer auch bei Parkinson Proteinablagerungen am Zellsterben im Gehirn beteiligt sind. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Alpha-Synuclein, ein Protein, das unter normalen Umständen den Transport von Botenstoffen in die Synapsen des Gehirns unterstützt. Bei Parkinson jedoch sind diese Proteine teilweise fehlgefaltet. Binden sie an die Membran der Synapsenbläschen, entstehen dort klumpige Ablagerungen und es werden neurotoxische Partikel erzeugt.
Des Weiteren zeigt sich bei Parkinson-Patienten eine gestörte Entgiftungsfähigkeit des Gehirns. Demnach scheinen bestimmte Peptide, die die Nervenzellen vor toxischen Stoffen schützen sollen, bei Betroffenen in verminderter Menge vorhanden zu sein. Möglicherweise trägt auch dies zum Niedergang der Neuronen bei.
Eine Autoimmun-Krankheit?
Zudem haben Forscher eine Unterversorgung mit speziellen Wachstumsfaktoren als möglichen Mitverursacher der Erkrankung im Visier. Solche neurotrophen Faktoren stimulieren die Differenzierung neuer Nervenzellen und sind gleichzeitig für ihr Überleben verantwortlich, weil sie unter anderem die Zellregeneration anregen und einen Zelltod verhindern können. Daneben könnten nach Ansicht von Experten auch vorzeitige Alterungsprozesse bei der Entstehung von Parkinson eine Rolle spielen.
Außerdem wird diskutiert, ob es sich bei Parkinson zumindest zum Teil womöglich um eine Autoimmun-Krankheit handelt. Wie bei der Multiplen Sklerose sollen demnach fehlgeleitete Abwehrzellen die eigenen Hirnzellen angreifen. „Die Idee, dass ein falsch funktionierendes Immunsystem zur Parkinson-Krankheit beiträgt, reicht schon fast 100 Jahre zurück“, sagt David Sulzer von der Columbia University in New York.
Vor Kurzem haben der Neurowissenschaftler und seine Kollegen erstmals nachgewiesen, dass an dieser Theorie tatsächlich etwas dran sein könnte. Im Versuch reagierten die T-Zellen im Blut von Patienten auf das körpereigene, normalerweise auf den Hirnzellen sitzende Alpha-Synuclein mit der Freisetzung von Abwehrbotenstoffen – bei gesunden Kontrollpersonen dagegen nicht. Passiert eine solche Autoimmunreaktion auch im Gehirn, könnte dies ein weiteres Stück in dem Puzzle sein, das die Entstehung von Morbus Parkinson erklärt.
Daniela Albat
Stand: 04.08.2017