Ein Venustransit als Einflussfaktor in Gesellschaft und Kultur? Aber sicher – und wie. Nicht nur die Wissenschaft, auch die internationalen Beziehungen, Medien, Kunst und Literatur sind von den seltenen Himmelsschauspielen und seiner Bedeutung angeregt, beeinflusst und geprägt worden.
Geburt einer Wissenschaftsnation
Der Venustransit im Jahr 1769 wird von einigen Historikern sogar als ausschlaggebender Faktor in der Emanzipation der jungen amerikanischen Wissenschaft vom „alten Europa“ gesehen. Die genauen Beobachtungen des Transits durch Benjamin Franklin und andere sicherten ihnen erstmals nicht nur internationale Aufmerksamkeit sondern auch die Anerkennung ihrer in der damaligen Wissenschaftswelt führenden britischen und französischen Kollegen.
Einen weiteren Anschub erhielt die amerikanische Wissenschaft gut hundert Jahre später durch den Transit 1874. Schon im Vorhinein hatten amerikanische Astronomen eine Petition im Kongress eingereicht, mit der sie um finanzielle Unterstützung für Beobachtungsexpeditionen baten. Sie wurde bewilligt und in der Folge waren die Amerikaner zum ersten Mal gleichberechtige Partner in einer internationalen Unternehmung der Wissenschaftswelt.

Venusfieber überall…
Die Venustransits von 1874 und 1882 beschäftigten nicht nur die Wissenschaft, sondern fanden auch ein breites Echo in der Medienlandschaft und der breiten Öffentlichkeit. Besonders in den USA brach ein regelrechtes „Venusfieber“ aus. Sämtliche nationalen und internationalen Zeitungen und Magazine überboten sich geradezu mit Artikeln, Titelgeschichten, Illustrationen und Beobachtungstipps. So schrieb der San Francisco Chronicle in einer Reportage zum Transit am 6. Dezember 1882: „Viele der Einwohner San Franciscos wurden gestern mit einem Stück berußtem Glas vor dem Auge gesichtet, neugierig Richtung Sonne schauend…“