An der Oberfläche der riesigen Eiskappe des Vatnajökull scheint alles ruhig und vor allem kalt – doch dieser Eindruck täuscht. Unter der bis zu 900 Meter dicken Eisdecke des größten Gletschers Europas brodelt es. Hier, im Zentrum der Vulkaninsel, treffen der isländische Hot Spot und die langgestreckte vulkanische Zone des mittelatlantischen Rückens zusammen. Das Ergebnis: Ein gewaltiges Netz aus Schloten, Kratern und unterirdischen Magmenkanälen, das sich über Kilometer hinzieht.
Unter dem Vatnajökull liegen nicht nur die höchsten, sondern auch die aktivsten Vulkane Islands. Das Bardarbunga und Grimsvötn-System gehört dabei zu den „produktivsten“ der Insel. Das Magma aus seinem Reservoir hat einige der größten Eruptionen Islands gespeist, darunter auch den gewaltigen Ausbruch des Laki im Jahr 1783.
Typischerweise wechseln sich bei den Gletschervulkanen Zentralislands Zeiten der relativen Ruhe mit Perioden erhöhter vulkanischer Aktivität ab. Während der aktiven Zeiten strömt Magma aus den Tiefen des Erdmantels in die großen Magmenkammern im Untergrund. Über die zahlreichen Kanäle und Gräben des Systems kann sich das glühende Gestein von den zentralen Kammern bis zu den Ausläufern des Vulkansystems ausbreiten.
Doch einige Vulkane des „Eislandes“ stehen auch über das Kanalsystem hinaus miteinander in Verbindung. Vulkanologen haben beobachtet, dass immer dann, wenn der Vulkan Krafla im Norden der Insel sich durch Magmaeinstrom aufbläht, der Bardarbunga unter dem Vatnajökull schrumpft. Sie vermuten, dass Druckschwankungen in der halbgeschmolzenen Magma des Erdmantels für diesen „Wippeneffekt“ verantwortlich sind.
Im Durchschnitt alle zwei bis drei Jahre entlädt sich die geballte Energie aus dem Erdinneren – einer der Gletschervulkane bricht aus. Doch im Bardarbunga-Grimsvötn-System schien dieser Rhythmus jedoch zeitweilig unterbrochen zu sein: Nach dem großen Ausbruch im Jahr 1938 folgte eine ungewöhnlich lange ruhige Phase – bis zum September 1996…
Stand: 13.04.2001