Nachdem die Neandertaler über mehr als 100.000 Jahre lang die vorherrschende Menschenart in Mitteleuropa dargestellt hatten, starben sie irgendwann vor 30.000 bis 50.000 Jahren aus. Der Grund dafür schien früher klar, die Argumentation basierte jedoch auf einem Zirkelschluss: Die Neandertaler seien ausgestorben, weil sie im Vergleich zum Homo sapiens zu primitiv waren – und sie müssten ganz offensichtlich zu primitiv gewesen sein, da sie schließlich ausstarben.

Mordfall „Shanidar 3“
Diese Ansicht ist mittlerweile gründlich widerlegt: Trotz aller Unterschiede zeigen sich die Neandertaler in neueren Erkenntnissen als dem Homo sapiens ebenbürtig. Wenn sie jedoch unseren Vorfahren so sehr ähnelten – was wurde ihnen schließlich zum Verhängnis?
An mehreren Orten hatten moderner Mensch und Neandertaler ganz offensichtlich Kontakt miteinander, wie die gemeinsame Nachkommenschaft belegt. Aber auch ähnliche verwendete Techniken beim Feuersteinschlagen und beim Tragen von Schmuck legen einen Austausch zwischen den Kulturen nahe. Die beiden Frühmenschenarten gingen aber auch nicht immer friedlich miteinander um, wie ein geradezu kriminalistischer Fall zeigt.
Das Neandertaler-Skelett „Shanidar 3“ aus einer Fundstelle im Irak zeigt eine deutliche Schnitt- oder Stichverletzung, die bis auf die Rippen reicht. Ein Jagdunfall? Ein Mord? Rund 50.000 Jahre später hat der Anthropologe Steven Churchill von der Duke Universität den Fall mit seinen Kollegen aufgeklärt: In Experimenten an Schweinekadavern zeigten sie, dass die Art der Verletzung zu einemgeworfenen Speer passt.