Wenn im Frühjahr die Bäume ausschlagen und die Wiesen und Parks in frischem Grün erstrahlen, blühen auch viele Menschen so richtig auf. Doch dann das: Statt grüner Wipfel sind Bäume und Sträucher in einen gespenstigen weißen Schleier gehüllt… Dahinter steht nicht etwa ein neues Kunst-Projekt à la Christo, sondern das Werk einer kleinen Raupe. Naja, eher hunderter Raupen der Gespinstmotte, die ihrem Namen alle Ehre machen.
Alles in Weiß
Die unscheinbaren Raupen überziehen bei der Nahrungssuche ihre Wirtspflanzen vollständig mit einem seidigen Gespinst, das sie vor Regen und Fressfeinden schützen soll. Zwar sind die Raupen bei der Auswahl der Futterquelle auf nur ein oder zwei Baumarten wie Traubenkirsche oder Weide beschränkt, doch auf dem Weg zum Buffet wird auch schon mal ein Laternenmast oder eine ganze Parkbank mit eingesponnen.
„Beobachten kann man dieses Naturschauspiel seit einigen Jahren regelmäßig,“ berichtet Karl-Heinz Jelinek vom Naturschutzbund NRW. Das bizarr-gruselige Schauspiel hält etwa bis Jahresmitte an. Dann haben die Raupen den Baum kahlgefressen und ziehen sich unter ihrem schützenden Seiden-Schild zur Verpuppung an den Fuß des Stammes zurück. „Anfang Juli schlüpfen bereits die weißen, schwarz gepunkteten Falter der Traubenkirschen-Gespinstmotte,“ so Jelinek. Diese paaren sich und legen die Eier an die sprießenden Knospen ihrer Wirtsbäume ab, wo sie im nächsten Frühjahr eine neue Generation von Verhüllungskünstlern entlassen.
Um die Bäume braucht man sich Jelinek zufolge übrigens nicht zu sorgen. Diese können noch im gleichen Jahr mit dem sogenannten Johannistrieb um den 26. Juni herum wieder austreiben und bald in neuem Grün erstrahlen.
Christian Lüttmann
Stand: 24.03.2017