Phänomene

Verhüllungskünstler

Diese Raupen spinnen

Die Raupen der Gespinstmotte sind wählerisch. Doch wenn sie einen geeigneten Baum gefunden haben, spinnen sie ihn vollständig ein. © Mikkel52 / CC-by-sa-3.0

Wenn im Frühjahr die Bäume ausschlagen und die Wiesen und Parks in frischem Grün erstrahlen, blühen auch viele Menschen so richtig auf. Doch dann das: Statt grüner Wipfel sind Bäume und Sträucher in einen gespenstigen weißen Schleier gehüllt… Dahinter steht nicht etwa ein neues Kunst-Projekt à la Christo, sondern das Werk einer kleinen Raupe. Naja, eher hunderter Raupen der Gespinstmotte, die ihrem Namen alle Ehre machen.

Alles in Weiß

Die unscheinbaren Raupen überziehen bei der Nahrungssuche ihre Wirtspflanzen vollständig mit einem seidigen Gespinst, das sie vor Regen und Fressfeinden schützen soll. Zwar sind die Raupen bei der Auswahl der Futterquelle auf nur ein oder zwei Baumarten wie Traubenkirsche oder Weide beschränkt, doch auf dem Weg zum Buffet wird auch schon mal ein Laternenmast oder eine ganze Parkbank mit eingesponnen.

Die gefräßigen Raupen (links) werden nach ihrer Verpuppung zur weißen Gespinstmotte (rechts). © An-d, James Lindsey / CC-by-sa-3.0

„Beobachten kann man dieses Naturschauspiel seit einigen Jahren regelmäßig,“ berichtet Karl-Heinz Jelinek vom Naturschutzbund NRW. Das bizarr-gruselige Schauspiel hält etwa bis Jahresmitte an. Dann haben die Raupen den Baum kahlgefressen und ziehen sich unter ihrem schützenden Seiden-Schild zur Verpuppung an den Fuß des Stammes zurück. „Anfang Juli schlüpfen bereits die weißen, schwarz gepunkteten Falter der Traubenkirschen-Gespinstmotte,“ so Jelinek. Diese paaren sich und legen die Eier an die sprießenden Knospen ihrer Wirtsbäume ab, wo sie im nächsten Frühjahr eine neue Generation von Verhüllungskünstlern entlassen.

Um die Bäume braucht man sich Jelinek zufolge übrigens nicht zu sorgen. Diese können noch im gleichen Jahr mit dem sogenannten Johannistrieb um den 26. Juni herum wieder austreiben und bald in neuem Grün erstrahlen.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. weiter

Christian Lüttmann
Stand: 24.03.2017

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Tierische Architekten
Faszinierende Bauwerke aus der Natur

Grenzenlose Vielfalt
Jede Tierart hat ihren Baustil

Alle unter einem Dach
Die WG der Webervögel

Tierische Mega-City
Eine Stadt unter der Erde

Klima-Konstrukteure
Das Belüftungssystem der Termiten

Ein wahrer Paradiesvogel
Dekowahnsinn in der Liebeslaube

Die Seen-Macher
Biber als Landschafts-Gestalter

Verhüllungskünstler
Diese Raupen spinnen

Klappe - und Action
Eine gefräßige Höhle mit Tür

Verloren in der Löwengrube
Ein Trichter aus Sand ist der Schrecken von Ameisen

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Termiten als Urzeit-Bauern
Insekten begannen schon vor rund 30 Millionen Jahren mit der Pilzzucht

Optische Täuschung verhilft Laubenvogel zum Paarungserfolg
Verfälschte Perspektive lässt Balzgeschenk größer erscheinen

Ameisenlöwe ist Insekt des Jahres 2010
Kuratorium kürt Tier mit verblüffender Jagdstrategie

Leichtbauwerke nach dem Vorbild von Kieselalgen
Bioniker erforschen Planktonbauweise als Grundlage technische Konstruktionen

Dossiers zum Thema

Termiten - Lichtscheue Teamworker mit großem Hunger

Ameisen - Eine für alle, alle für eine