Die Zwergmuntjaks profitieren davon, dass sie sich – anders als andere Hirscharten – das ganze Jahr über vermehren und schon mit 36 Wochen geschlechtsreif werden. Bereits nach zwei Monaten sind die Kitze entwöhnt. Die Lebenserwartung in freier Wildbahn beträgt zudem bis zu zwölf Jahre. Die Vielzahl von Generationen seit ihrer ersten Freilassung in England macht damit den ursprünglichen genetischen „Flaschenhalseffekt“ vergessen.
Den Zwerghirschen kommt zudem das atlantische, vom Golfstrom geprägte Klima Großbritanniens sehr entgegen: Die aus den Subtropen stammenden Tiere brauchen milde Winter, die es dort in der Regel gibt. Zudem fressen sie liebend gern Wintergetreide, was zumindest in Westeuropa breitflächig angebaut wird.
Schäden für Natur und Landwirtschaft
Die Ausbreitung der Muntjaks hat auf der Insel längst zu erheblichen wirtschaftlichen und ökologischen Schäden geführt. Die Forscher führen als Beispiele Kollisionen der Zwerghirsche mit Autos an – geschätzt 15.000 pro Jahr. Die Muntjaks übertragen zudem, wie manche andere Wildtiere, die Erreger von Rinder-Tuberkulose und Maul-und-Klauenseuche. Dazu kommen Ernteschäden bei Bauern und der Rückgang der Bodenvegetation in Wäldern.
Der Bodenvegetation und Waldverjüngung schaden die Zwergmuntjaks nach dem heutigen Stand der Forschung aber erst nachhaltig, wenn die Populationsdichte 25 und mehr Individuen je Quadratkilometer erreicht. Werden die einzelgängerischen, sich meist im Dickicht verbergenden Muntjaks jedoch nicht bejagt, können sie Populationsdichten von 20 bis 120 Tieren je Quadratkilometer erreichen.
Muntjaks sind eher Laub-Äser als Grasfresser. Zu ihrer Kost zählen neben Blättern, Trieben, Samen, Rinden aber auch Blumen, Früchte – vor allem Brombeeren – und sogar die Gelege bodenbrütender Vögel. In Großbritannien sollen Muntjaks laut Untersuchungen für den lokalen Rückgang von Nachtigallen, Drosseln und Gartengrasmücken mitverantwortlich sein.
Kai Althoetmar
Stand: 08.07.2016